Uri Bülbül

Nein, das Flugzeug gehört mir nicht wirklich. Jedenfalls habe ich keine Urkunde darüber. Ich hatte nur auf der vorletzten Seite des Buches einen Gutschein gefunden, worauf stand:

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«Gutschein. Wer sich dazu im Stande fühlt und in der Lage ist, ein Flugzeug zu fliegen, begebe sich mit diesem Gutschein zum Flugplatz Mülheim an der Ruhr und löse ihn ein für 40 Flugstunden Rundflüge über die Philosophie. Der erfolgreiche Abschluss wird zertifiziert, wenn mehr als die Hälfte der Passagiere dem Erfolg des Fluges mit dem Piloten, der durch Einsatz dieses Gutscheins zum Piloten wird, vorausgesetzt er besitzt die dazu gehörigen Flugfähigkeiten, zustimmt. Die Zustimmung ist keine Zustimmung der Inhalte überflogener Philosopheme, worauf ausdrücklich hinzuweisen ist. Der Kulturataché Der Vereinigten Emirate vom Elfenbeinturm». Dann eine unleserliche Unterschrift -ich vermute in arabischen Buchstaben, könnte vielleicht so etwas wie سورة الاخلاصgewesen sein. Aber dafür lege ich nicht meine Hand ins Feuer. Der Stempel jedenfalls war nicht nur gedruckt, sondern dokumentenecht erhaben geprägt. Ich habe gedacht, vielleicht könnte das einfach ein Hinweis darauf sein, dass die Überlieferung der abendländischen antiken Philosophie zum Teil durch arabische Gelehrte erfolgte.

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Jedenfalls hat mir der dicke Mechaniker auf dem Flugplatz das Ding aus der Hand gerissen, ehe ich mich versah. So eine Geschwindigkeit hätte ich ihm nie zugetraut. Jetzt steht uns das Flugzeug zur Verfügung, wenn der Dicke Wort hält. Über Besitz wurde nicht gesprochen und auch nicht über Haftung und irgendwelche Regeln, an die wir uns halten müssen. Ich werde jedenfalls meine Brille mitnehmen. Ich habe ja auch eine gewisse Sehschwäche, und zur Zeit habe ich auch noch entzündete Augen. Aber von mir aus steht dem Rundflug nichts im Wege. Wir fliegen ja nicht mit der Lufthansa. In der Hand halte ich übrigens das besagte Handbuch für Rundflugpiloten.

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Nein, mein lieber Arthur, das ist nicht frech. Du bist selbstverständlich dabei. Ich muss es tatsächlich verschusselt haben, die Frage auch an dich zu schicken. Aber gut, dass du sie dennoch mitbekommen und dich gemeldet hast.

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Die Sache ist nämlich die:
Ich habe gestern unter meinem Kopfkissen ein Buch gefunden: «Uri Baba und die 40 Denker. Pilotenhandbuch zu philosophischen Höhenflügen». Es ist ein ziemlich altes Ding gewesen, schier antik, das Papier vergilbt, aber auf der vorletzten Seite mit einem Gutschein für ein Flugzeug, gestiftet von den vereinigten Emiraten des Elfenbeimturms. Auf dem Flugplatz wollte mir erst keiner so recht weiter helfen; gerade als ich aufgeben wollte, kam ein dicker Mechaniker auf mich zu: «Hey, du suchst bestimmt den alten Vogel dort hinten im Hangar X. „Vereinigte Emirate“! Ha! Dass ich nicht lache! Die fliegen ganz andere Vögel, mein Lieber. Was da hinten steht, ist eine Konstruktion, wie ich sie noch nie zuvor gesehen habe. Soll aber flugtauglich sein. Du kannst damit nach Wolkenkuckucksheim fliegen. Passen zwölf Passagiere rein. Und im Cockpit hast du noch Platz für einen Kopiloten.» «Ich habe so einen Gutschein», sagte ich und zeigte ihm das Stück Papier, was er mir sofort aus der Hand riss, als hätte ich einem Piranha einen Würfel Gulasch hingehalten. «Ich mache den Vogel startklar. Kannst mit deinen Passagieren kommen», sagte der Dicke. «Aber ein Kopilot ist da nicht mit inbegriffen. Eine Stewardess auch nicht. Treibstoff für 40 Flugstunden bei Gegenwind. Schau, wie weit du kommst!» «Ja, gut, dann kümmere ich mich mal um meine Passagiere», sagte ich, aber er hörte mir schon gar nicht mehr zu.

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Hinter dem Hangar X kommt nur noch die Schrottpresse, wenn du mich fragst. Aber der Typ kann uns doch kein Flugzeug überlassen, das nicht fliegen kann, oder? Ich gehe mal ins Archiv, das in dem Buch beschrieben ist, und sammle mal Unterlagen und Karten usw. Du bist jedenfalls der 9. Passagier. Ich trommle mal noch ein paar Mutige oder Verrückte zusammen. Falls wir mehr als zwölf Passagiere werden, kommst du auf den „Beifahrersitz“, he, he.

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Vor neun Stunden hatte ich diese Antwort auf die Frage gegeben, war natürlich selbst nicht damit zufrieden, aber hatte auch nicht gerade die Tagesbestlaune:

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Das heißt nicht «für dich in Würde zu sterben», sondern «ich würde für dich sterben» oder von mir aus noch besser und poetischer: «für dich würde ich sterben». Wenn es durch den Religionsunterricht inspiriert ist, könnte das auf einen Märtyrertod hindeuten: «OmG, für dich würde ich sterben!»

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Mittlerweile ist meine Laune nicht besser geworden, sondern eher schlechter, aber ich will es nicht an den Fragen und Fragern auslassen. Aufgrund meiner ohnehin schon vorhandenen schlechten Laune hatte mich die Formulierung «inspiriert vom Religionsunterricht» genervt. Aber auch das ist nicht ganz gerecht und berechtigt, denn ich selbst ging gerne in den Religionsunterricht obendrein noch ganz freiwillig, weil ich aufgrund meiner vermeintlich muslimischen Herkunft vom Religionsunterricht befreit war.

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Viele religiös scheinende Fragen sind eigentlich Fragen der praktischen Philosophie und der Ethik und haben nichts mit dem Glauben an die Existenz einer höheren Wesenheit zu tun. Eigentlich ist genau dieser Glaube der Kernpunkt der Religion und des Religionsunterrichts. Aber es bleibt natürlich nicht allein bei diesem Kernpunkt, denn viele anderen ethischen Fragen werden von der Metaphysik der höheren Wesenheit abgeleitet. Das schafft eine seltsame Atmosphäre der Ethik gegenüber und verknüpft sie mit der Religion, obwohl Religion und Ethik zwei unterschiedliche und voneinander getrennt denkbare Dinge sind.

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Wäre dem nicht so, könnten Atheisten nur eine Anti-Ethik entwickeln. Und im Falle der medizinischen Ethik ist es irgendwie auch so. Die theologische Religion wird durch die technologische ersetzt und der Mensch feiert seine Huldigung der Apparate. Kranksein im Krankenhaus reduziert ohnehin die Menschenwürde auf ein Minimum, die Kampfschwestern behandeln die Patienten wie kleine Kinder, Haustiere oder hin und her zu schiebende Puppen. Für die Ärzte bestehen die Patienten nur aus Anamnese- und Behandlungsunterlagen, Berichten und empirischen Datenerhebungen aus dem Labor oder der Radiologie und die Chirurgen feiern ihr handwerkliches und technisches Geschick. In den meisten Krankenhäusern kann man nicht einmal in Würde leben und genesen, geschweige denn in Würde sterben.

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Und kommen wir in diesem Zusammenhang ruhig auch mal wieder auf die Religion zurück: auch die Krankenhäuser in kirchlichen Trägerschaften lassen nicht viel von der Menschenwürde im Krankenhausalltag übrig. Das sollte mal inspiriert durch ask.fm im Religionsunterricht Thema werden. Worin unterscheidet sich die Weltlichkeit der Kirchen von der Weltlichkeit weltlicher Institutionen wie beispielsweise die des Staates? Es ist etwa dreißig Jahre her, dass ich von einem Chefarzt der Gynäkologie erfuhr, der entbindenden Frauen die Rückenmarksnarkose verweigerte, weil er sich bibeltreu daran hielt: unter Schmerzen sollst du gebären. Würde?

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Im Grunde hast du natürlich recht; so kann man es sehen: der Mensch ist grausam, brutal, niederträchtig, gemein, sadistisch... um nur seine negativen bis furchtbaren Seiten aufzuzählen. Natürlich darf man, selbst wenn man Menschlichkeit so realistisch vom Ist-Zustand des Menschen aus betrachten möchte, die negativen Eigenschaften des Menschen verabsolutieren. Der Mensch ist eben nicht nur, um es kurz auf die alt bekannte Formel zu bringen: dem Menschen ein Wolf. Er ist durchaus auch empathisch, mitleidig, liebevoll, warmherzig, zärtlich, solidarisch... Sowohl die eine als auch die andere Seite des Januskopfes Mensch existiert.

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Aber wenn von «Menschlichkeit» die Rede ist, ist das nicht gemeint. Dieser Begriff beinhaltet die Ideale des Humanismus, die die Formel der französischen Revolution auf einen Nenner bringt: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Kein Mensch ist von Geburt oder Natur oder Gott zum Sklavendasein bestimmt, sondern alle Menschen sind gleich (berechtigt) und sie sind solidarisch miteinander und daher Brüderlich oder Geschwisterlich. Es ist klar, dass auch Männer und Frauen gleich berechtigt sind; die Logik ist einfach: Männer sind Menschen, Frauen sind Menschen und für alle Menschen gilt: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.

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Im zweiten Abschnitt ging es also nicht um den Ist-Zustand des menschlichen Seins, sondern um das Ideal, also um den Soll-Wert: Menschlichkeit. Aber auch dieser Soll-Wert kennt durchaus auch Mängel, wie zum Beispiel die Möglichkeit, sich zu irren, wenn es da heißt: Irren ist menschlich. Darin inbegriffen ist aber auch, dass Irrtümer, so sehr sie nicht ausgeschlossen werden können, so auch verzeihlich sind. Neben der Freiheit bildet somit auch die Toleranz gegenüber dem, was man selbst vielleicht für falsch hält, den liberalen Menschlichkeitsbegriff. Im Christentum findet sich diese Idee in der Vorstellung, dass man sich nicht zum Richter über andere Menschen aufschwingen sollte. Eine gewisse ethische Erkenntnisskepsis führt darin zur Bescheidenheit, denn wenn Irren menschlich ist und ich ein Mensch bin, könnte auch ich mich irren, also enthalte ich mich endgültiger und abschließender Urteile über andere Menschen bzw. enthalte mich bei Verurteilungen. Auch das gehört zur Menschlichkeit dazu: wer im hundertprozentigen Glauben, das Rechte zu wissen und zu tun, anderen Menschen Schaden zufügt, sie körperlich oder seelisch verletzt, erniedrigt oder ihnen das Leben nimmt, handelt gewisslich nicht im Sinne der Menschlichkeit.

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Nun kommt aber die Preisfrage: urteile ich damit nicht auch über andere Menschen? Ja, in der Tat: aus den Begriffen der Menschlichkeit abgeleitet, fälle ich gewisse Urteile auf deduktivem rationalen Wege ohne Empirie. In der Empirie aber können sich von Fall zu Fall konkrete Fehler einschleichen, weshalb im konkreten Urteil über ein Einzelfall Vorsicht geboten ist.

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Ich lache gern, oft und viel. Es hat etwas Befreiendes, Erleichterndes und Beschwingtes - ganz gleich, was auf einen zukommt. Es ist durch Lachen leichter zu ertragen und die Probleme erhalten plötzlich Lösungen, an die ernsthaft nicht zu glauben und zu denken gewesen wäre. Man kann übrigens auch aus Trauer lachen, das Tragikomische ist zum Lachen und Weinen. Dieses Pärchen ist übrigens auch kein Gegensatzpärchen wie Tag und Nacht; denn wo Tag ist und hell ist die Nacht mit ihrer Dunkelheit ausgeschlossen. Entweder ist es hell oder dunkel. So nicht mit dem Lachen und Weinen. Man kann nicht entweder Lachen oder Weinen; man kann es auch gleichzeitig.

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Und wenn man lacht, weil man sich schlecht fühlt, kann es sich um eine Fassade handeln, muss es aber nicht. Man kann tatsächlich auch lachen, um sich aus dem Stimmungstief zu bringen und neue Perspektiven und Horizonte zu sehen. Man kennt ja umgekehrt auch das Phänomen der Freudentränen: man weint, weil man sich über etwas sehr freut.

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Was aber hat das alles mit der abschließenden Frage zu tun, ob man dauerhaft glücklich sein kann? Da habe ich die Logik nicht ganz erkannt.

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Diese Aufforderung hat den Hintergrund, dass ich deine Antwort auf die Frage «Wie gehst du mit Kritik um?» dir schrieb, dass ich mit deiner Antwort nicht einverstanden bin. ( http://ask.fm/HeuteBinIch14/answer/110145004911 ) Ich schrieb, dass ich die Antwort kleinlich und falsch finde; einen Teil kleinlich einen anderen falsch. Lieb und großzügig hingegen finde ich die Möglichkeit, die du mir hier einräumst, dir ausführlich zu schreiben. Danke. Auch dafür, dass du nicht zu denjenigen gehörst, die eine Auseinandersetzung mit mir scheuen.

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Fangen wir mit dem «kleinlich» an: Du hast vollkommen Recht damit, dass Kritik «Hand und Fuß» haben sollte; eine Kritik, die jeglicher Argumente und Analysen entbehrt, verdient diesen Namen nicht. Will sagen: das ist dann auch keine Kritik. «Kleinlich» finde ich dein gewähltes Beispiel eines Soziolektes von Menschen, die in der Sozialpädagogensprache gerne als «bildungsfern» bezeichnet werden und nicht selten einen «Migrationshintergrund» haben, um wieder in dieser pseudogediegenen Sprache zu bleiben. Eine geistige Armut muss im Fall der Auseinandersetzung mit falsch verstandenem Kritikbegriff muss gar nicht herangezogen werden. Die Menschen, die sich eines solchen Soziolektes bedienen, üben keine Kritik, sondern begehen irgendwelche wichtigtuerischen Sprechakte, um auf sich aufmerksam zu machen, weil sie eben intellektuell wie sozial defizitär sind. Man kann mit ihnen Mitleid haben oder das Mitleid auch den Sozialpädagogen überlassen und sich nicht um sie kümmern, aber in einer Argumentation über Kritik haben sie wirklich nichts zu suchen; es sei denn, man selbst muss sich, warum auch immer auf dieses Niveau begeben. In deinem Fall fand ich diese Handlung kleinlich.

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Kommen wir zu «falsch»: Schon Marcel Reich-Ranicki machte darauf aufmerksam, dass im Kulturkreis von Immanuel Kant, es höchst verwunderlich sei, welchen negativen Beigeschmack das Wort «Kritik» noch immer habe. Viele Menschen fangen ihre Kritik mit den Worten an «Ich will dich ja nicht kritisieren, aber...» Kritik ist aber nach der Idee der Aufklärung (Lessing oder Kant) überhaupt nichts Negatives und muss auch keineswegs nur das Negative besprechen. Bei Kant ist Kritik eine Analyse mit einem anschließenden und aus der Analyse abgeleiteten Urteil.

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Und ich muss unbedingt hinzufügen, dass, wenn Werke, Sprechhandlungen und andere Handlungen von Menschen kritisiert werden, entweder genau begründet werden muss, wie dies mit der Person allgemein zusammenhängt oder eben gar nicht persönlich gemeint ist. Und hier meine Kritik auch an deiner Formulierung: «Kritisier mich bitte.» Ich kritisiere NICHT DICH, sondern nur eine von dir getätigte Äußerung. Wäre es nicht super kleinlich, dich auf diese Äußerung zu reduzieren?

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Fortsetzung: http://ask.fm/Klugdiarrhoe/answer/109888868793

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Ebenso ist es nicht erst seit der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule, sondern seit Lessing bekannt, dass Kritik nicht «mit der Auflage des Positiven» (Adorno) erschwert oder verunmöglicht werden sollte. Lessing fragte, ob er denn seine Suppe nicht versalzen nennen dürfe, bis er sie selbst kochen könne.

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Dieses Beispiel an Kritik finde ich besonders einleuchtend und wichtig: Jeder muss das Recht und die Möglichkeit haben auszusprechen, wenn ihm Mißstände aufstoßen, ihm etwas nicht schmeckt sozusagen. Das gilt völlig unabhängig davon, ob man es selbst besser kann oder nicht. Das darf auch nicht mit der Begründung einer Kritik verwechselt werden. Diese ist unbedingt erforderlich und weist eigentlich auch über ein Geschmacksurteil hinaus, was die Lessingsche Formulierung ein bißchen nahelegt. Geschmacksurteile sind spezifisch und wirklich ganz persönlich: Ich kann sagen «Ich mag keine Zwiebelsuppe», woraus man nicht schließen kann, dass die Zwiebelsuppe mißlungen ist. «Mir schmeckt die(se) Zwiebelsuppe nicht» klingt hingegen gleich, es müsste aber eigentlich das Urteil eines Zwiebelsuppengourmets sein («versalzen» ist ab einem bestimmten Quantum auch nicht mehr subjektiver Geschmack); einer Person, die die unterschiedlichsten Traditionen, Arten und Varianten von Zwiebelsuppe kennt und sich fachmännisch darüber äußern kann, was an der vorliegenden Suppe falsch ist. Das ist kein Geschmacksurteil, sondern eines, das sich der Kritik bedient also auch neben der rationalen Analyse der Kenntnis der Normen und Konventionen, wie eine gute Zwiebelsuppe zu sein habe.

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Man muss sich nicht diesen Normen sklavisch fügen, aber ihre Kenntnis ist für eine Kritik nicht unbedeutsam. Der Geschmack eines jeden Menschen aber ist unabhängig davon und jeder kann sagen: «Ich mag keine Zwiebelsuppe». Die Frage «Warum nicht?» ist ein Kategorienfehler, d.h. das Ergebnis einer Verwechslung von Geschmack und Kritik. Kritik muss sich begründen lassen, Geschmack wird nur durch Rationalisierung vergewaltigt. Vielleicht wurde ich als Kind mit Zwiebeln gequält oder vielleicht hat das ganz andere Gründe, die nicht einmal mir selbst bekannt sind: Muss ich denn Zwiebelsuppe mögen? Ist das nicht Geschmacksdiktat?

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Von der Verwechslung dieser Kategorien profitieren nicht nur Modeunternehmer, sondern auch die Politik. Man verwischt Grenzen, verwechselt Kategorien, macht zum Geschmacksurteil, was eigentlich einer Analyse bedurfte, belegt Kritik mit der Auflage des Positiven und zensiert sie dadurch: «Mach du es erst mal besser!» Daher ist mir gerade um der Aufklärung und ihres kritischen Potentials willen wichtig, Kritik von Geschmack, Meinung oder gar persönlicher Beleidigung zu unterscheiden.

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Die Frage, wie ich mit Kritik umgehe, muss ich demnächst auch noch beantworten.

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«Danke, Herr Doktor. Ich gehe lieber nach Hause», antwortete der Patient. Der Doktor hörte ihm schon gar nicht mehr richtig zu und konzentrierte sich auf die Tamponade der Nase.

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Indessen im Polizeipräsidium:
Ihr war es gleich, was er machte, denn wie man es auch betrachtete, er benahm sich wie ein kleines Mädchen, dessen Windel nicht mehr passte. Sie lächelte bei diesem Gedanken. «Soll er doch meckern», dachte sie sich, «soll er doch!»
«Wehe du verliebst dich», er kam ihr näher, Gesicht an Gesicht. Er schaute ihr direkt in die Augen und küsste sie. Er schnaufte: «Du gehörst mir! Mir allein, und nur mir! Wenn jemand...» Er riss die Augen weit auf, zeigte seine Zähne und legte seine Hände an seinen Hals, um anzudeuten, was dann passieren würde. Sie antwortete mit ruhiger erotischer Stimme: «Ich bin meine eigene Herrin und nehme mir selbst, was ich will.» Sein Gesicht lächelte unecht wie eine Maske (http://ask.fm/MaskenmitMasken), baute sich auf und ging mit langsamen Schritten auf sie zu und sprach ebenso ruhig wie sie: «Die Emanzipation der Frau ist ein hässlicher Fortschritt. Das System hat seitdem begonnen zu zerfallen. Aber du, du bist so schön.» Er streichelte ihre Wange. «Nein Eike, nicht!», erwiderte sie steif. Ihre Wange begann zu pochen, als er sie schlug. Er schrie hysterisch: «Habe ich dir nicht gute Manieren beigebracht?», er lachte tief «du sollst nicht lügen, Nilam! Aber da du meine Schönheit bist, verzeihe ich dir.»

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Er schaute sie wieder liebevoll an. Nilam schaute zitternd an Eike vorbei. Er hockte sich neben sie und hob ihr Kinn, damit er Nilam in die Augen schauen konnte. «Du denkst du bist stark? Nein, das ist nur eine Scheinexistenz, dieser Charakterzug, du bist schwach und du brauchst mich.», er lächelte freundlich. Sein Kopf kam ihr näher, sie begann zu weinen, als er sie küsste. «Ich bin schwach?», sie begann an sich zu zweifeln, als Eike ihr das Oberteil auszog. «Es stimmt ich will nicht verletzt werden, sodass ich mir diese Maske zugelegt habe. Eike kennt mich.» Sie stöhnte bei diesem Gedanken. Eike schaute sie an: «Nicht weinen, Liebes, nicht weinen! Ich bin ja für dich da.»

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Mit seinem Zeigefinger wischte er ihr die Tränen weg, zog sich selbst sein Pullover aus und küsste ihre Schultern hoch bis zu ihrem Hals. Schnaufend stieß er hervor:” Ich weiß, dass du es auch willst. Ich behandle dich gut.” Nilam seufzte auf. Sie spürte ihre beginnende Erregung. Ihre Haut bebte, ihre Brüste begannen prall zu werden und ihre Nippel wurden bei jeder Berührung fest. Eike krallte sich mit seiner linken Hand in ihre Haare und sie warf ihren Nacken nach hinten. Mit seiner rechten Hand führte er ihre rechte Hand zu seinen Leisten. Er hielt im Akt inne: «Du weißt, Liebe beruht auf Gegenseitigkeit.» Nilam widerstrebte es selbst – sie sich selbst! Und doch tat sie ihm den Gefallen: «Knöpf die Hose auf, du geile Sau!», ächzte er.
(http://ask.fm/MaskenmitMasken/answer/108974076287)

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Wir sind von bestimmten Menschen sicher auch - aber ganz wesentlich überhaupt von anderen Menschen abhängig. Der Mensch ist ein soziales Wesen: das betrifft seine Empathiefähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, sein Leben in ökonomischer Hinsicht ebenso wie seine Kultur und Bildung; aber natürlich entstehen auch Abhängigkeiten in unseren individuellen Mikrostrukturen: Freundeskreis, Familie, Arbeits- oder Lernumfeld.

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Ich kann meine Abhängigkeiten im Detail nicht offen legen - das ist zu persönlich und betrifft auch andere Menschen, die nicht möchten, dass unsere Verhältnisse alle in der Öffentlichkeit von mir breit getreten werden, weil es auch Abhängigkeiten von mir gibt. Es wird aber diesbezüglich wahrscheinlich vielen anderen, denen du die Frage gestellt hast, auch nicht anders ergehen.

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Abhängigkeit bedeutet für mich jedenfalls nicht an und für sich und automatisch eine Einschränkung der Freiheit. Denn die Freiheit steigt mit dem Können, Regeln zu verstehen und so anzuwenden, dass man damit seine Ziele erreicht: die Freiheit, Auto zu fahren, setzt das Autofahrenkönnen voraus. Aber das ist nicht nur in der Technik so; auch menschliche Beziehungen (Freundschaften oder Hierarchien) haben ihre Regeln, die befolgt werden müssen, wenn sie zum erfolgreichen Handeln und Interagieren führen sollen. Wenn du deine Freunde immer mit einer harten Ohrfeige begrüßt, verstößt du gegen Regeln der Freundschaft, was zu Problemen führen wird.

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Abhängigkeit heißt nicht sklavische Bindung: wenn du keine Lust mehr auf deine Familie hast, kannst du bestimmt Mittel und Wege finden, deinen ganz eigenen Weg zu gehen. Wenn du aber deine Familie magst und gar nicht auf deine Kusinen, Onkel, Geschwister oder Eltern verzichten willst, zeigt das nicht nur deine emotionale Abhängigkeit von ihnen, sondern auch dass Abhängigkeit keineswegs nur negativ und abwertend verstanden werden sollte.

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Wenn ich die Zeitangabe sehe, dass es schon über drei Wochen her ist, dass du einfach eine Nachfrage hattest zu meiner Antwort auf deine Frage «Was wirst du nie verstehen?» «Wie es aussieht: Mich.», könnte sich deine Frage nach dem Grund dafür schier erübrigen. Nicht nur, dass man, weil man sich selbst unmittelbar gegeben ist, sich zu nahe ist, um Selbstverständlichkeiten an sich zu entdecken und zu hinterfragen, auch der Fluss des Alltags und der reißende Strom der Zeit erschweren es, sich in Ruhe und vorurteilsfrei mit sich selbst zu beschäftigen.

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Wir haben natürlich ein Ego aufgebaut, eine Persönlichkeit, die uns nach außen hin sichtbar macht; aber dieses Ego ist nicht nur eine Maskerade nach außen, sondern auch uns selbst gegenüber. Wir können die Masken nur dann am besten tragen und uns sicher damit bewegen, wenn wir selbst daran glauben, dass sie mit unserem Gesicht verwachsen sind.

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Aber ich will auch an dieser Maskenmetapher nicht lange kleben bleiben: Auch unser Bewusstsein ist, das ist seit der Psychoanalyse allgemein bekannt, triebgesteuert. Und unsere Triebe strukturieren sich und unser Verhalten unbewusst. Manche Sozialpädagogen lehnen den Begriff des «Unterbewussten» ab und meinen, es wäre fälschlich für das «Unbewusste» gebraucht, also eine Verwechslung. Ich kann dieses Argument nur teilweise nachvollziehen und finde es dort begrenzt und unzutreffend, wo die Triebstrukturen wie eine wabernde Flüssigkeitsmasse auf ihrer Oberfläche die festen Kontinentalplatten unserer Persönlichkeit mit ihrem Bewusstsein tragen und durch ihre Strömungen verschieben.

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Aber ich kann nicht so tief in mich hinein schauen und bohrend eine Aufnahme aus der Vogelperspektive dieser Strömungen machen, wie Meteorologen mit Satellitenaufnahmen Luftströme beschreiben. Dieses Paradoxon bringt mich an meine Erkenntnisgrenze meiner selbst: Ich bin mir das nächste und unbegreiflichste Wesen zugleich, auch wenn ich über manche Motive meiner Handlungen Auskunft geben kann, fühle ich mich von mir selbst unverstanden.

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