@Klugdiarrhoe

Uri Bülbül

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«Was mir Philosophie bedeutet? Eigentlich nichts und gleichzeitig alles. Klingt doof, ist aber so.» http://ask.fm/HeuteBinIch14/answer/110602487407 Gundel Gaukel Ey äußert sich zur 1. Durchsage des Flugkapitäns der «Rundflüge über die Philosophie». Hier meine Antwort...

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Die erste Aussage kann ich gut verstehen. Klar ist Philosophie alles und nichts zugleich. Das klingt gar nicht doof. Wenn du schreibst, dass man über die «sinnlosesten Dinge» nachdenken kann, kommt mir die Frage, was denn unbedingt als «sinnlos» angesehen werden kann und was nicht. Ich denke, wenn etwas jemanden beschäftigt, warum auch immer, dann kann das so sinnlos nicht sein. Das erscheint dann nur dem Außenstehenden als sinnlos. Insofern muss in der Philosophie die absolute Freiheit herrschen, über das nachzudenken, worüber man Lust und Muse hat, nachzudenken.
Mag sein, liebe Gundel, dass du von studierter oder belesener Philosophie nichts hältst. Das ist eine Haltung, die ich so nicht nachvollziehen und verallgemeinern kann. Wovon du etwas hältst und wovon nicht, ist deine Sache, eine andere, wenn man dich mal fragen darf, wozu du uns das mitteilst.
Schließlich hat dich keiner zu einer Stellungnahme oder zur Teilnahme an den «Rundflügen über die Philosophie» genötigt. Wenn du eine Stellungnahme abgibst, dann doch in der Erwartung, dass diese Mitteilung von anderen registriert und kommuniziert und bestenfalls geteilt wird. Du machst deine Sache zu einer allgemeinen. Daran ist nichts auszusetzen, dazu ist Kommunikation da. Sie soll nur nicht schnell wieder unterbunden werden, indem du sagst: «Das ist ja nur meine Meinung».
Meinungen können abgewogen und mit Pro und Contra Argumenten überdacht werden. Es hätte nichts mit der Liebe zur Weisheit zu tun, wenn jede Diskussion und Erörterung in der Sackgasse des subjektiven Beliebens endete. Man kommuniziert Gedanken, Meinungen, Haltungen in der Hoffnung, sie bestätigt zu finden oder revidieren zu können.
Deinen Ausführungen zum Glas kann ich zustimmen. Halb voll oder halb leer soll nur die Perspektivität ein und derselben Sache betonen; man kann dann darüber hinaus immer weitere und die Sache ergründende Fragen formulieren. Gute Fragen zu formulieren, ist eine wirklich philosophische Kunst. Mir ist es wichtig, aus dem Bemühen um Erkenntnis die Beliebigkeit heraus zu filtern, damit vernünftiges Denken zu Freiheit führen kann, was nicht geschieht, wenn man sich in wirren Gedankengängen verzettelt.
Deine Bemerkung: «Das ganze könnte man schon als ein fliegendes Aschram deuten und in jeder noch so kleinen Winzigkeit etwas heraus picken, was man verarbeiten könnte - oder auch nicht» finde ich unpassend. Denn ein Ashram führt zu sehr in die religiöse Richtung und mich, der mit euch philosophieren will in die Rolle des Gurus. Ich will euch aber nicht zum Glauben bewegen, sondern zum gemeinsamen kommunikativen Denken, egal zu welchen Ergebnissen wir kommen und egal, ob wir unterschiedliche Meinungen beibehalten oder nicht. Wir sollten nur Unterschiede in Begriffen sehen und der Logik auch ihr Recht angedeihen lassen.

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Ich habe deine Stellungnahme zum freien Willen wiederholt gelesen. Einiges ist mir aber noch unklar. Ich möchte dir eine Mail schreiben in der ich das darlege. In Ordnung?

point_man’s Profile PhotoName_Datum_Unterschrift
Oh, diese Frage ist in der Menge, die ich in der Zeit erhielt, einfach untergegangen. Aber klar ist das in Ordnung, wenn du mir eine Email schreibst. Es ist für mich immer in Ordnung, Emails zu bekommen. Neuerdings treibe ich mich auch auf facebook herum. Du kannst mir auch über facebook schreiben. https://www.facebook.com/uri.bulbul

"die menschen leben als würden sie nie sterben und sterben als hätten sie nie gelebt" - äußere dich zu dießem zitat.

aoesnui’s Profile PhotoNaacal
Das ist traurig. Aber ich habe auch diesen Eindruck bei einem überwiegenden Teil der Menschen, die mir begegnen. Tja, so ist es leider. Was soll ich sagen? Ich will eine Philosophie der Sinnlichkeit, der Lebensfreude und des Glücks - eine Paradieseologie dieser Welt, dieses Lebens, aus dem man zufrieden gehen könnte, wenn man schön gelebt hätte.

Gibt es ein bestimmtes Geräusch was du partout nicht ertragen kannst? (Beispielsweise Fingernägel an der Tafel oder quietschende Kreide)

HeuteBinIch14’s Profile PhotoGundel Gaukel ey
Ich konnte die Stimme meiner Mutter nicht so gut ertragen - vor allem dann nicht, wenn sie meinen Namen rief, weil ich irgend etwas erledigen sollte. Aber sie ist schon seit etlichen Jahren zum Schweigen verdammt. Gott hab sie selig.

Glaubst du, dass wenn du am großen Ganzen Etwas verändern wollen würdest, es dir gelingen würde oder deine Existenz irrelevant ist?

deficere’s Profile Photodeficere
Aber warum dieser Konjunktiv: «verändern wollen würdest»? ICH WILL. Das stand und steht ganz außer Zweifel. Dieser Wunsch hat mich zu manch einem Irrweg und auch zu manch einer Erkenntnis geführt. Ich habe Versprechungen, Engagement von politischen Freunden, Mitstreitern, viel zu ernst genommen; ich habe einigen Menschen geglaubt, deren Durchhaltevermögen bis zum Ende ihres Studiums und zum Anfang ihrer bürgerlichen Karriere reichte. Sie wollten ganz kritisch und ganz gewichtig die Gesellschaft, ja auch die Welt aus den Angeln heben, schrieben, demonstrierten und diskutierten, wie gesagt, bis zum Ende ihres Studiums, bis zum ersten, dann zum zweiten Staatsexamen; erst waren sie Referendare, dann Lehrer in dem von ihnen ach so verhassten System. Wahrscheinlich erzählen sie heute, welche revolutionären Heldentaten sie vollbracht haben und wie gesellschaftskritisch sie waren.
Viele Menschen versuchen mir einzureden, dass meine Existenz irrelevant ist. Ihnen macht meine Freiheit, meine Freidenkerei und meine kritische Ehrlichkeit Angst. Ich passe in keine Partei, in kein Lebensschema und in keine Lebenslüge. Darin besteht meine Relevanz. Ich bin ich, ich bin da und denke und schreibe, bin vielleicht der Schmetterling, dessen Flügelschlag chaostheoretisch gedacht einen Orkan auslösen könnte, vielleicht aber irrelevant ist. Nur weiß man das erst am Ende des Lebens.
Ich meine, niemand sollte sich von seinem Weg durch die Möglichkeit abbringen lassen, er könnte persönlich irrelevant sein. Man darf auch nicht zu sehr auf den Erfolg der Vorhaben, auf das Erreichen großartiger Ziele setzen. Allzu schnell ist man selbst frustriert und gibt auf. Ich möchte aber nicht, dass wir aufgeben. Ich möchte einen langen Atem und den Marathon der Rebellion.

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Dein neues Profilbild hat mich zu Tode erschreckt, ich sammle gerade noch meine Herzstückchen auf um sie danach in meinem Garten zu betten.

HeuteBinIch14’s Profile PhotoGundel Gaukel ey
Ach so ein Mist! Genau das Gegenteil wollte ich erreichen und habe bei dem Profilbild ehrlich gesagt auch nur an dich gedacht. Darf ich mir mal für diese Antwort dein Profilbild ausleihen? Ich fragte mich, wie kann ich dieser Frau nur gefallen? Und habe zugeschlagen. Aber ich wollte dein Herz ganz anders brechen.
Dein neues Profilbild hat mich zu Tode erschreckt ich sammle gerade noch meine

Im Cockpit gibt es eine politische Diskussion über Revolution: http://ask.fm/point_man/answer/109236858377 Ist das schon ein Teil der praktischen Philosophie? Und was ist der Unterschied zur philosophischen Praxis?

Klugdiarrhoe’s Profile PhotoUri Bülbül
Vor einem Monat etwa tauchte im Cockpit eine interessante und wichtige politische Frage auf. Sie ist zugleich heikel, weil politische Fragen des einen Ideologie und des anderen Herzblut und Erfahrungen sind und auch derjenige, der eine politische Frage zur Ideologie gemacht hat, steckt Herzblut in das Thema. Aus der us-amerikanischen Kultur habe ich gehört, dass man dort solche Fragen einfach tabuisiert, damit sich Kollegen, Freunde, Teammitglieder nicht streiten und entzweien - soll doch jeder bitte schön denken, was er will, Hauptsache das Zusammenspiel funktioniert und man ist nett zu einander.
Den Deutschen eilt ein anderer Ruf voraus: sie sind Ideologen und Dogmatiker, stellen die Wahrheit über alles andere und möchten ohne Rücksicht auf menschliche, gesellschaftliche, soziale Verluste «der Wahrheit» auf den Grund gehen und diese ins rechte Licht rücken. Da gibt es die tollsten Diskussionen, die hauptsächlich Grabenkämpfe sind und im Grunde nur zu ideologischen Lagern aber selten zu einem philosophischen, um Erkenntnis bemühten Diskurs führen. Wenn jemand eine andere Meinung zu irgend etwas Politischem hat, dann führt das unter Deutschen mindestens in den Abgrund und ist strikt abzulehnen. Mit solche Menschen kann man gar nicht reden. Dass irgendwo vielleicht immer ein Kern von Wahrheit schlummert und jeder guten Willens ist, für diese Gesellschaft (es geht ja um Politik) das Beste zu wollen, gerät gar nicht erst in den Blick, geschweige denn, dass man es in der Hitze der Gefechte irgend wann aus den Augen verlöre.
Nein, die Hitze des Gefechtes kommt daher, dass der anders Denkende ein Bösewicht ist. Ganz brisant (und ich nehme dieses Thema bewusst) ist es in der Frage der «Überfremdung» einer Gesellschaft: Ist Deutschland ein Einwanderungsland? Wie kann man kulturell und wirtschaftlich Migration verkraften? Was passiert mit Traditionen und Lebensweisen? Was bedeutet «Heimat»? Schnell kommt man in den Diskurs von Gut-Mensch vs. Nazi!
Und so wird Politik auch häufig praktiziert. Das Wesentliche politischen Denkens: der Versuch, für die Gesellschaft, Gemeinschaft, gemeinschaftliche praktische Handlungsmöglichkeiten mit größtmöglichem Nutzen für alle zu denken, gerät schnell in den Hintergrund.
Italiener und Türken liefern sich in ihren Parlamenten und in Universitäten und Schulen auch schon mal politisch motivierte Schlägereien, Schießereien, Messerstechereien - alles schon dagewesen. Der Staat räumt anders Denkende per Geheimdienst, Wasserwerfer, Polizei, Tränengas aus dem Weg, wie unlängst in Gezi-Park Istanbul passiert. Mein guter, verstorbener Freund Hans-Jürgen Gawoll (Hegel-Archiv Bochum) wusste als Gastdozent von den Einschusslöchern in den Fluren der Istanbuler Uni schon vor 25 Jahren zu erzählen, wo er über «Nietzsche und die europäische Philosophie» zu lehren eingeladen war :) Will sagen: Fronten sind schnell aufgebaut und schnell fliegen die Fetzen und das amerikanische Tabuisieren ist auch keine Lösung.

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Im Cockpit gibt es eine politische Diskussion über Revolution: http://ask.fm/point_man/answer/109236858377 Ist das schon ein Teil der praktischen Philosophie? Und was ist der Unterschied zur philosophischen Praxis? Teil 2...

Klugdiarrhoe’s Profile PhotoUri Bülbül
Mein ask-Freund und Kopilot Arthur @point_man ist mir ans Herz gewachsen, und ich habe das Gefühl, wir können politische, ideologische Differenzen auch ausdiskutieren. Das wäre überhaupt und immer zu wünschen, aber es kann nur dort gelingen, wo Erkenntniswille und Engagement wirken und materielle Interessen außen vor bleiben - eben so wie bei uns :) Möge im politischen Disput die Vernunft obwalten:
Entzündet hat sie sich, so weit ich mich erinnere, an meiner coolen Sonnenbrille, mit der ich wohl Ähnlichkeiten zu Muammar al-Gaddafi aufweise, wie es jemand konstatierte. Weiter und eigentlich ging es dann um die Meinung zu den radikalen Veränderungen, die Deutschland 1989 erfuhr. Ich nannte und nenne es den «Mauerfall» Arthur nennt es «die Friedliche Revolution in der DDR». Eine Differenz aber zwischen uns sehe ich in der Bezeichnungsfrage nicht - diese tut sich an einer anderen, inhaltlichen Stelle auf. Denn der «Mauerfall» ist nur eine Metapher, ein Symbol für das, was in der DDR passierte. Arthur schreibt: «Nein, ich meine nicht den Mauerfall, sondern die Friedliche Revolution in der DDR.»
Dann aber kommen wir, mein lieber Arthur, zu den wesentlicheren Fragen: Was macht denn eine Revolution aus? Überfliegen wir doch mal kurz die philosophischen Urgedanken zur Revolution, die mich zum Marxismus führen: Die sozialistische Revolution sei die praktische und bewusste (also intendierte, beabsichtigte) Aktion des Proletariats gegen die Bourgeoisie und ihre staatliche, wirtschaftliche wie gesellschaftliche Ordnung. Ziehen wir davon den sozialistischen Aspekt ab, um etwas allgemeiner zu werden, bleibt immer noch die Revolution als eine bewusste, beabsichtigte grundsätzliche Veränderung gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Verhältnisse. Und wichtig ist dabei tatsächlich, wenn es denn politisch langfristig wirksam sein soll, die Einheit dieser drei Bereiche (Wirtschaft, Politik, Gesellschaft). Ändert sich ein Teil davon nicht, gerät die Revolution in eine Sackgasse.
In der Tat muss eine Revolution nicht zwangsläufig mit Gewalt im Sinne von Blutvergießen und Menschenopfern verbunden sein. Aber jede Revolution ist insofern zwangsläufig mit «Gewalt» verbunden, als man unter «Gewalt» «Macht» versteht. Gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Verhältnisse sind Machtverhältnisse, was man synonym auch «Gewaltverhältnisse» nennen kann; denn wir sprechen ja auch in der Demokratie von «Gewaltenteilung». «Staatsgewalt» meint auch nicht das Zusammenknüppeln von Demonstranten, sondern die «Macht des Staates» gegenüber seinen Bürgern und der Gesellschaft, was keineswegs identisch ist; denn in einer Gesellschaft leben nicht nur die Bürger des Staates, sondern auch «Ausländer». In der antiken Demokratie waren Nicht-Bürger auch Sklaven, Frauen und manchmal auch Bauern.

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Im Cockpit gibt es eine politische Diskussion über Revolution: http://ask.fm/point_man/answer/109236858377 Ist das schon ein Teil der praktischen Philosophie? Und was ist der Unterschied zur philosophischen Praxis? Teil 3...

Klugdiarrhoe’s Profile PhotoUri Bülbül
Heute sind es diejenigen Menschen, die als «Arbeitsmigranten» angesehen werden und ohne die deutsche Staatsbürgerschaft in dieser Gesellschaft leben, ganz egal, über welchen Zeitraum sich dies erstreckt und ob sie ein ganzes Menschenleben andauert. Die «Ausländer» müssen sich selbst die Frage stellen und beantworten, wie sie damit klar kommen, dass sie ihr Leben in einer Gesellschaft verbringen, ohne über volle Bürgerrechte zu verfügen und häufig sogar nicht einmal in ihren Herkunftsländern die vollen Bürgerrechte haben, weil sie dort keinen festen Wohnsitz vorweisen können.
Sie sind aber in zweierlei Hinsicht ein gutes Beispiel: 1. für die Internationalisierung des Proletariats mit entsprechender Entrechtung und 2. für das Problem des sogenannten «subjektiven Faktors» in der Geschichte. Was geht in den Köpfen der Menschen politisch vor sich? Was bewegt sie zum Handeln? Und was bewegt sie zum Stillhalten und Erdulden? Die Gleichgültigkeit gegenüber politischen Problemen, sei es in ökonomischer, sei es in ökologischer Hinsicht kennen wir genauso wie das Überborden mancher Protesthaltungen z.B. in Sachen Atomkraft in den 80er Jahren (Gorleben, Brockdorf) oder auch die Proteste in Frankfurt gegen die Startbahn West oder in der Türkei unlängst gegen die Baupolitik in Istanbul, Gezi-Park. In der Ukraine führten Proteste wieder zu radikalen Veränderungen, die man auch als Revolution bezeichnen könnte. Wie aber stand es um den «subjektiven Faktor» dort? Wieviel revolutionäre Absicht lenkte die Entwicklungen?
Ganz ohne Zweifel hatten die Menschen in der DDR, die man «Bürger der DDR» nannte, wobei man sich wirklich fragen kann, mit wieviel «Bürgerrechten» sie ausgestattet eine Gewalt in der DDR bildeten, die Schnauze gestrichen voll von den dortigen Verhältnissen: der Bürokratie, der Bespitzelung, der Unterdrückung von Meinungsfreiheit, der Bewegungsfreiheit und der wirtschaftlichen Einengung gemessen an dem direkten Nachbarn Bundesrepublik, wo es reichlich Konsumgüter gab. Was aber führte letztlich zur Revolution? Der bewusste und planerische Wille dieser Menschen?
So wichtig das massenhafte Verhalten dieser Menschen war, ausgelöst wurde das zum Einen durch die Infragestellung des Sozialismus in der Sowjetunion und durch die Steuerung über westliche Medien, die wie Zuckerpunkte für Ameisenhaufen, Nachrichtenpunkte für den Protest in der DDR setzten. Bei allem Respekt den Individuen gegenüber und deren Risikobereitschaft, Mut und Handlungswillen, bleibt der fade Nachgeschmack einer willenlosen Gewaltenbildung gegen den DDR-Staat, was nicht von revolutionären Subjekten ausging, sondern von der Koinzidenz unterschiedlicher Faktoren. So war letztendlich auch das Ergebnis ein einfacher Anschluss an die Bundesrepublik, die ihr System durchsetzte und Siegerin dieses Geschichtsabschnitts wurde. Auch wenn eine ehemalige DDR-Frau nun Bundeskanzlerin ist, sie ist eine Figur im System und Regelwerk des westlichen Kapitalismus.

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Im Cockpit gibt es eine politische Diskussion über Revolution: http://ask.fm/point_man/answer/109236858377 Ist das schon ein Teil der praktischen Philosophie? Und was ist der Unterschied zur philosophischen Praxis? Teil 4...

Klugdiarrhoe’s Profile PhotoUri Bülbül
Du schreibst: «Die Gefühle der Revoltionäre, und auch die Gefühle der Militärs, Panzer sind aufgefahren, Wenn auch nur eine Kugel abgeschossen wäre, wäre es zum Bürgerkrieg gekommen.» Nein, es wäre zu einem Blutbad wie in China gekommen. Zu einem Bürgerkrieg gehören bewaffnete und organisierte und sich zum bewaffneten Kampf organisierende Bürger, die es weder in der DDR noch in China gab. Die chinesische Führung konnte ihrer Macht sicher sein und ließ die Panzer über den Platz des himmlischen Friedens rollen: keine Gegenwehr, keine Gegengewalt im Sinne von Macht :( In der DDR wäre es ebenso gewesen, wobei es womöglicher Weise (das muss ich offen lassen) im Unterschied zum 17. Juni die Entschlossenheit und Opferbereitschaft der Bevölkerung wesentlich größer war. Der eigentliche Sieg aber war der Sieg der westlichen Diplomatie, die auf offene Ohren in der Sowjetunion stieß und die DDR-Führung keines Rückhaltes mehr im eigenen Bündnis sicher sein konnte.
Wie man den Erfolg der Revolution im Hinblick auf die radikalen strukturellen Änderungen bewerten mag, aus humanistischer Sieg liegt der Erfolg eindeutig darin, dass es zu keinem Blutvergießen kam.
Und schlussendlich kann auch gesagt werden, dass sich das Wirtschafts- und Staatssystem der DDR radikal veränderte und der militante, autoritäre, repressive Bürokratismus im Namen des Sozialismus ausgeübt hinweggefegt wurde. Weil der Begriff «Revolution» in mir ganz andere Assoziationen weckt hinsichtlich der revolutionär handelnden Subjekte (volles Bewusstsein, volle Absicht und Planung), bleibe ich bei der Metapher «Mauerfall», die nicht zustande gekommen wäre, wenn die Menschen nicht in Massen mutig protestiert hätten.

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anwesend?

aoesnui’s Profile PhotoNaacal
Vor etwa einem Monat fing ein kleines aber lustiges Mißverständnis mit dieser Frage an. «anwesend?» Ich meldete mich zurück; anwesend ja, aber auch angeschlagen; fühlte mich irgendwie krank. Daraufhin @Naacal: «gute besserung. grüße sam.» Ja, saß denn bei mir jemand auf der Leitung, vielleicht war es auch dem fiebrig-müden Zustand zu verdanken, ich verstand dies als einen Imperativ, eine Aufforderung an mich, ich solle Sam grüßen. Also begann ich in meinem Hirn nach Sam zu stöbern. Aber ohne viel zu verraten, kam ich zu dem Schluss; ich kenne keine/n Sam, die/den ich grüßen könnte :(
Wer also sollte Sam sein? So fragte ich «Sam?» und die Antwort lautete wiederum mit einem Fragezeichen: «ja?» Aber damit nicht genug. Es ging wunderlich weiter; ich fragte, wer Sam sei und bekam die Antwort: «ich bin das?» Und man beachte nun das Fragezeichen am Ende des Satzes. Kein Ausrufezeichen, kein Punkt. Nein, ein Fragezeichen!
Und mein Gefühl dazu; Irgendwelche Interpunktions- und Grammatikregeln im Hinterkopf lässt sich wunderbar und auf eine spannende Weise miteinander kommunizieren, wenn man diese Regeln außer Acht lässt und sie nur aus dem Dunklen der Erinnerung an Regelwerke wirken wie Schatten in der Nacht :) Sam? Bist du noch da?

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Nachtfrage: Wärst du dabei http://ask.fm/DerApfeltyp/answer/110401366091#_=_ , dann lass mir doch bitte ein " Herz " da , ansonsten übergehe es.

DerApfeltyp’s Profile PhotoRuu
Ich finde ein ask-Treffen total toll, habe vor einigen Wochen auch schon mit meinem Freund und Theaterleiter Kazim darüber gesprochen: wir sollten so etwas auch in Essen machen und mit unserem Theater verbinden - wie auch immer. Da waren die Ideen noch nicht weiter entwickelt. Aber ich könnte mir alles mögliche vorstellen: ein großes Treffen im Theater, wo bis zu 120 Menschen zusammen kommen und eine Fete feiern, Diskussionen führen, sich Lesungen und Vorträge aus ask anhören könnten. Oder eben noch weitere Ideen realisieren, die mir jetzt spontan nicht einfallen.
Kein Mensch sagt, dass dies in Essen im http://www.Katakomben-Theater.de beginnen muss. Warum sollte das nicht seinen Lauf in Berlin nehmen? Ich hätte auf jeden Fall Interesse daran, dass etwas stattfindet, was mit einem unterhaltsamen aber auch inhaltlichem Programm zu tun hätte. Irgendwann, irgendwo, irgendwie fing ja auch das CCC an zu existieren. Ich finde solche Dimensionen und Visionen sehr spannend und würde sie zumindest durch meine Anwesenheit unterstützen. Vielleicht kommt Kazim sogar mit; wir haben uns schon lange vorgenommen, mal eine Berlin-Tour zu machen. Warum nicht diese gute Gelegenheit wahrnehmen?

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Mir ist durchaus bewusst, dass diese Bombardierung mit Fragen unangebracht et cetera war. Gründe dafür möchte ich nicht erläutern. Dafür möchte ich dennoch in aller Form entschuldigen. Derart wird es nicht mehr vorkommen. Du kannst die Fragen löschen, wenn du möchtest.

Ich danke dir sehr für dein Verständnis und für deine Entschuldigung, die ich von Herzen gern annehme. Schließlich möchte ich dich als Fragerin auch nicht verlieren und dir auf eine dumme Weise vor den Kopf stoßen. Aber es hatte sich in mir aufgestaut, und ich hatte jetzt das Gefühl, die richtigen Worte für meine Empfindungen gefunden zu haben. Die Gründe für diese Art zu fragen würde mich natürlich interessieren, weil ich nicht glaube, dass du sinnlos einfach nur mich mit Fragen bombardieren und ärgern wolltest.
Und was das Löschen anbelangt: Nein, so einfach ist das nicht, mir fällt es sehr schwer, Fragen zu löschen, weil die scheinbar sinnlosesten zu Erkenntnisse führen und Prozesse auslösen können. Das ist es ja auch, was mich geärgert hat: So viele Frage, denen ich gar nicht mehr nachspüren kann. Ich kann sie mir nicht auf der Zunge zergehen lassen, ich kann ihnen nicht gedanklich in Ruhe nachgehen, weil es so viele sind: ich liebe Gummibären, aber ich möchte nicht in einem Gummibärenhagel ersticken, lieber genieße ich ein paar ganz in Ruhe und lasse sie mir auf der Zunge zergehen und schmatze manchmal wild vor mich hin :)
Alleine deine Bärenfrage, hinter der ich erst wirklich keinen Sinn gesehen habe, beschäftigt mich nun erst recht weiter; denn sie ist in mehrfacher Hinsicht interessant: 1. die Rhetorik von Franz Josef Strauß war sehr blumig, bildhaft und einleuchtend, auch wenn er für die Linke für alles stand, was man nur an reaktionärem Potenzial in dieser Republik finden konnte; (Ich habe die Stoppt Strauß Kampagne 1980 bewusst miterlebt) 2. inhaltlich das Wortspiel mit Bären, Beeren und der rosa Brille ist eine Analyse wert und rhetorisch wirklich genial; 3. wie bist du nur auf dieses Zitat gekommen? Was verbindet dich damit und was verbindest du damit? dann 4. Wie hätte ich diese Frage formuliert, um das rüber zu bekommen, was ich daran so bemerkenswert finde.
Und 33 weitere Fragen von dieser Sorte, und ich bin tot :)
In diesem Sinne nun zurück zu deiner Frage: «Nimmst du meine Hand an, wenn ich sie dir hinhalte?» In aller Freundschaft: Ja.

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Nimmst du meine Hand an, wenn ich sie dir hinhalte?

Nicht unbedingt. Ich bin wählerisch mit Händen, die ich gebe und annehme. Bei dieser Gelegenheit möchte ich mich einmal klar zu deinem Frageverhalten äußern: ich habe das Gefühl, du bombardierst ziemlich inflationär und rücksichtslos andere (oder nur mich?) mit Fragen. Am Tag mehr als fünf Fragen von einer Person zu erhalten, finde ich einfach zu viel, zumal die Qualität und der Stil der Fragen wirklich teilweise an Dadaismus und Maschinengewehrsalven erinnern und die Lust, hier zu schreiben in einem Fragenhagel ersticken. Meine sensibel und feinfühlig gesponnenen Fragen-Antwort-Netze und Freundschaften werden durch diesen Hagel erheblich gestört, ich fange an Freunde und ihre Likes und Fragen zu vermissen, weil nur "Meine" Dreizehn alles überwuchert. Als Gärtner muss ich bei diesem Fragenverhalten unwillkürlich an Unkraut denken, wobei ich zu denjenigen gehöre, die das Wort "Unkraut" eher meiden, weil das zu selektiv und wertend ist. Auch Löwenzahn kann schön sein, wenn er nicht alles überwuchert und für sich in Anspruch nimmt.
Ich habe den großen Sinn hinter deiner Fragerei noch nicht erkennen können, was nicht heißt, dass ich alle Fragen nur blöd finde. Ich mag den abgehackten kurzen Stil nicht, die ewigen Wort- und Metaphernspielereien, die im Einzelnen geistreich sein können, in der Menge aber einfach nur zu nerven anfangen. Das zeigt eine gewisse Penetranz, die schwer akzeptabel ist. Gedankengänge auch in Fragen kommen nicht durch Blitzlichtgewitter zustande. Ja, wähnst du dich denn in einer Fragen-Disco?
Um Mißverständnisse zu vermeiden: ich möchte dich nicht als Fragerin vollständig verlieren; denken wir gerade mal daran, was es mit den Eisbären und Himbeeren auf sich hatte: http://ask.fm/LandinSicht/answer/110653240377 Durchaus witzig im Sinne von geistreich; aber es wirkt bei dem Hagel wie ein Zufallstreffer. Und das finde ich schade. Vielleicht musst du mehrere Fragen zu einer zusammen fassen. 300 Zeichen sind zwar nicht viel, aber durchaus eine Menge.
Ich finde die Beschränkungen, die das ask-System einem auferlegt nicht ganz so schlimm wie andere, weil das manchmal auch zur Selbstdisziplin und Kontrolle zwingt. Und umgehen kann man die Beschränkungen ja auch, wenn es unbedingt erforderlich wird. Aber du hast bis jetzt einen ganz anderen Stil an den Tag gelegt; aber wenn die Würze in der Kürze liegt, ist der Fragensalat jetzt überwürzt.

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Es wird höchste Zeit, das Dutzend voll zu machen mit dem kafkASKen Roman SOKRATES. Unser Held unterwegs zu @DoctorParranoia, verfährt sich im Wald und bleibt im Straßengraben stecken. Wird er hier @Zodiac6000 begegnen?

Klugdiarrhoe’s Profile PhotoUri Bülbül
Es war ja noch nicht einmal richtig dunkel. An die zwölf Stunden hier im Wald stecken zu bleiben und zu warten war vielleicht doch nicht eine so gute Idee. Und überhaupt – worauf sollte er denn warten? Die Hilfe, die er jetzt nicht anfordern oder erhalten würde, würde er auch morgen nicht bekommen können. Und alles andere ließ sich auch sofort regeln. Er regelte aber nichts und verharrte stattdessen in seiner Trotzhaltung.
Es verging so eine gute halbe Stunde, ohne dass irgend etwas passierte. Doch dann hörte er plötzlich ein Auto von Links herannahen. Er erkannte schon am Sound einen Porsche, noch bevor seine Lichter und dann der Wagen selbst sichtbar wurden. Er hatte keine Zeit, sich zu entscheiden, ob er aussteigen oder besser sitzen bleiben sollte. Schon kam der Porsche angerast und blieb mit quitschenden Reifen direkt an seinem Benz stehen. Er traute seinen Augen nicht, und nun brach der eiskalte Angstschweiß aus – völlig unwillkürlich, unkontrolliert und unbeherrschbar. Um diese Angst zu riechen, musste man kein Polizeihund sein. Es reichte die Nase des Kommissars von der Verhaftungsaktion, der den Motor seines Wagens abstellte und gemächlich ausstieg, wobei er die verdächtige Person scharf im Auge behielt. Er legte die Dienstwaffe unter seinem Pulli frei, löste die Halterung und ließ seine Hand am Pistolengriff, während er sich von der Beifahrerseite an den Verdächtigen näherte. Die Rechte immer noch an der Waffe gab er ihm mit der linken Hand ein Zeichen, das Fenster der Beifahrertüt herunter zu lassen, woraufhin er zitternd die Zündung einschaltete, um den elektrischen Fensterheber betätigen zu können.
«Guten Tag, Polizeikontrolle. Wen haben wir denn da? Ist das nicht unser Möchtegernintellektueller, der im Bad der Polizei Widerstand leistet und die Durchsuchung seiner Wohnung behindert?» Er schwieg. Was sollte er darauf sagen? Ein Albtraum; er und sein Peiniger allein im Wald. Der Peiniger bewaffnet mit einer Polizeipistole und seinem Dienstausweis. Er ein Schutzloser mit einer gebrochenen Nase. «Geben Sie mir Ihre Papiere, Fahrzeugschein und Führerschein, bitte.» Er gehorchte einfach und konnte dabei weder seine Angst noch sein Zittern unterdrücken. «Und steigen Sie bitte langsam aus dem Wagen, drehen Sie sich mit dem Gesicht in Richtung Ihres Autos und legen Sie beide Hände langsam auf das Dach. Ich komme nun zu Ihnen und werde Ihnen Handschellen anlegen. Das dient sowohl zu Ihrem als auch zu meinem Schutz. Wir werden somit Mißverständnisse vermeiden und Sie entgehen der Gefahr aus Versehen erschossen zu werden.» Er gehorchte einfach und automatisch. Vielleicht war da ja wirklich etwas dran, dass dieser wilde Bulle ihn nicht in Handschellen erschießen würde. Aber was hinderte ihn daran, danach nicht wieder die Handschellen abzunehmen? Er hatte nicht länger Zeit, darüber nachzudenken. Die Handschellen klickten schon.

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«Zerstören» und «Vernichten» Kommentar zu http://ask.fm/LandinSicht/answer/110323397433 und http://ask.fm/LandinSicht/answer/110323148857 :)

Klugdiarrhoe’s Profile PhotoUri Bülbül
Du hast dich auf deinen Antworten in den Bereich der Handlungstheorie begeben. Das ist nicht als negative Kritik zu verstehen, sondern einfach als eine wertneutrale Feststellung. Warum sollte man sich nicht bei der Untersuchung des Unterschiedes zwischen «zerstören» und «vernichten» nicht in den Bereich der Handlungstheorie begeben?
Mir ist es an dieser Stelle lediglich wichtig, unterschiedliche Umgangsformen mit Begriffen deutlich hervor zu heben. Wichtig ist das Verstehen der Unterschiede, nicht das Bewerten und Hierarchisieren. Indem du dich auf die Adverbien «bewusst» und «unbewusst» eingelassen und konzentriert hast, legst du den nächsten Schritt, die beiden Verben als «Handlungswörter» und damit die Handlung zu untersuchen. Und in der Tat ist die nächstliegende weitere Konsequenz, dass du dir ansiehst, was macht das Subjekt bei dem einen Verb anders als bei dem anderen. Und du siehst den Unterschied (was eigentlich auch das Subjekt sehr nahe legt) im Bewusstsein. Das Zerstören kann auch nebensächlich passieren. Man hat es nicht gewollt, aber man hat die Vase auf den Boden geworfen. Hier kommt auch der Begriff des «Unfalls» ins Spiel.
Deine Aussage «Eine unabsichtliche Zerstörung ist zumeist ein Versehen, welches aufgrund von Missgeschicken oder einer Abfolge von Zufällen geschieht» deute ich in Richtung Unfall. Deine Dreiteilung der Zerstörung finde ich sehr gut nachvollziehbar:
«1. Das unbewusste Zerstören
2. Das bewusste Zerstören ohne Hintergedanken
3. Das bewusste Zerstören mit Hintergedanken».
Wie du sehen kannst, habe ich deine Reihenfolge umgedreht und eine Steigerung des Bewusstseins bei der Handlung des Zerstörens der Abnahme des Bewusstseinsgrades vorgezogen. Das ist nicht wesentlich. Wenn wir unser Auge philosophisch schulen und unsere Gedanken philosophisch schärfen wollen, erhebt sich eine andere Frage: wie definierst du den Begriff des «Hintergedankens».
Und wie du nun sehen kannst, geht es mir neben der inhaltlichen Bewertung der Aussagen und ihres Wahrheitsgrades um die Untersuchung unserer Handlungen selbst während wir philosophieren. Die Frage also, die im Hintergrund mitschwingt: was machen wir genau, wenn wir philosophieren? Eine Freundin hatte mal gesagt, Philosophie sei so etwas wie eine Wort- bzw. Begriffsjonglage und ein Bekannter hatte nach einer Lesung festgestellt, der philosophische Text sei wie ein Tanz mit den Worten. In beiden Fällen haben wir es mit Metaphern oder Vergleichen zu tun. Vielleicht aber geht es auch ein bißchen genauer und ohne Vergleiche, also direkter.
Begriffe werden definiert und gegeneinander abgegrenzt. Es geht um Unterschiede: Was ist der Unterschied zwischen einem «Fahrzeug» und einem «Auto»? Oder eben wie in unserem Fall zwischen «zerstören» und «vernichten». Aber Achtung: ich habe dieses Beispiel nicht umsonst gewählt. Es geht nicht nur um Unterschiede in Begriffen, sondern auch um Unterschiede in Fragestellungen und Definitionen.

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«Zerstören» und «Vernichten» Kommentar zu http://ask.fm/LandinSicht/answer/110323397433 und http://ask.fm/LandinSicht/answer/110323148857 :) Teil 2

Klugdiarrhoe’s Profile PhotoUri Bülbül
Auch Sätze können ganz unterschiedlich sein und Vergleiche erleichtern oder erschweren. Manchmal werden Vergleiche auch unlogisch, ohne dass man es auf den ersten Blick merkt. Und wenn wir bei Begriffen von Inhalten sprechen, müssen wir natürlich ganz unbedingt auch davon reden, dass unterschiedliche Menschen auch unterschiedliche Inhalte bei ein und demselben Begriff sehen, also Wörter und Begriffe auch unterschiedlich verstehen. Diese Subjektivität kann man als Störfaktor betrachten, muss man aber nicht. Sie kann auch sehr bereichernd sein und neue Horizonte eröffnen.
Wichtig ist die Kommunikation, die ein bißchen mehr sein muss als nur zu verstehen, was der andere meint. Sonst kommen wir schnell in diese langweilige Situation, in der wir völlig unbefriedigend sagen müssen: Das ist deine Meinung, und ich habe eine andere. Es gibt Typen von Aussagen, da geht es überhaupt nicht anders als auf diese Weise den anderen gelten zu lassen. Z.B. Zwei Männer unterhalten sich. A ist schwul, B heterosexuell.
A: Ich finde Männer viel attraktiver als Frauen.
B: Ich finde Frauen viel Attraktiver als Männer.
A: Aber du musst zugeben, dass manche Männer viel weiblicher sind als manche Frauen.
B: «weiblich» bezieht sich in deiner Aussage nicht auf das biologische Geschlecht, sondern ist eine Eigenschaft des Auftretens und der Erscheinung.
Das Gespräch könnte auch anders verlaufen:
A: Ich finde Männer viel attraktiver als Frauen.
B: Ich finde Frauen viel Attraktiver als Männer.
A: Aber du musst zugeben, dass manche Männer viel weiblicher sind als manche Frauen.
B: Nein, Männer sind nie richtig weiblich. Sie sind einfach nur tuntig. Es gibt aber weiblichere und weniger weibliche Frauen.
A: Du setzt «weiblich» mit sexueller Attraktivität für Heterosexuelle gleich.
Nicht alles in diesen beiden Gesprächsvarianten ist der Meinungsvielfalt unterworfen. Neben unterschiedlichen Meinungen wird auch logisch Verbindliches gesagt. Würde man das Gespräch zu früh mit dem Allgemeinplatz abbrechen: «Jeder kann denken, was er will», käme eine Verständigung in dieser Kommunikation nicht zustande. Genau darum aber muss, wer philosophiert, bemüht sein. Und dabei ist es wichtig zu erkennen, welche grundsätzliche, also kategoriale Unterschiede es in Sätzen und Begriffen gibt. Wenn jemand seine Meinung, seinen Geschmack oder seine Ideologie aussagt, macht er etwas anderes, als wenn er logisch argumentiert. Meinung und Geschmack müssen sich nicht logisch ableiten lassen. Sie sind unbedingt: Jemand mag sexuell Frauen nicht attraktiv finden und fertig. Da kann man nicht dafür oder dagegen argumentieren; man muss diese Haltung auch nicht begründen, weil es letztendlich nicht geht. Bei Ideologien kann man sich vielleicht streiten. Ich mache so etwas sehr ungern, es kommt selten eine Erkenntnis dabei heraus, außer, dass es sich nicht lohnt, über Ideologien zu streiten.

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«Zerstören» und «Vernichten» Kommentar zu http://ask.fm/LandinSicht/answer/110323397433 und http://ask.fm/LandinSicht/answer/110323148857 :) Teil 3

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Denn Ideologien basieren eigentlich auf Glaubenssätze und haben mehr mit Religion gemein als mit Philosophie. Aber darüber könnte man vielleicht doch noch einmal philosophieren. Wie aber philosophieren wir nun? Wir grenzen Begriffe inhaltlich gegen andere ab, definieren sie, heben Unterschiede und Gemeinsamkeiten in ihren Bedeutungen heraus und versuchen danach logische Schlüsse daraus zu ziehen. Wir erkennen auch Unterschiede zwischen religiösen, geschmacklichen und meinungsmäßigen auf der einen und rationalen, sprich logischen Aussagen auf der anderen Seite. Diese Unterscheidung soll ebenfalls nicht bewerten und hierarchisieren. Sie soll nur unterschiedliche Kategorien sichtbar machen.
Eine Meinung ist nicht irrational oder unlogisch. Sie fällt in eine andere Kategorie und kann nicht mit rational-irrational oder logisch-unlogisch bewertet werden. Es ist ungefähr so, als wollte man sich darüber unterhalten, ob rot salzig oder süß sei.
Jetzt komme ich aber wieder zurück zu «zerstören» und «vernichten». @LandinSicht hat die Unterscheidung in Richtung Handlungstheorie gemacht und dabei die subjektive Intention und das Bewusstsein ins Spiel gebracht. Dabei führte sie auch den Ausdruck «Hintergedanken» ein, der wohl planvoll beabsichtigtes Handeln meint. Wenn ich über einen Teppichsaum stolpere und dabei eine Vase umstoße, ist das nicht beabsichtigt und erst recht nicht geplant. Wenn ich aber in einem Wutanfall, die Vase auf den Boden schleudere, ist es beabsichtigt, aber eher ungeplant. Wenn ich eine hässliche Vase in den Mülleimer werfe, kann man neben der Absicht auch einen gewissen Hintergedanken bzw. Plan voraussetzen. An diesen Unterscheidungen gibt es nichts zu meckern.
Im nächsten Schritt gehst du von der Handlung auf die Dinge über und betrachtest diese. Interessant ist, dass du ein Lebewesen schon als vernichtet betrachtest, wenn es nicht mehr heilbar ist; aber zerstört, wenn diese Zerstörung wieder rückgängig gemacht werden kann: Ein Jäger verletzt ein Reh, dann ist das Reh zerstört, aber nicht vernichtet. Wenn er es tötet, ist es vernichtet. «Entweder sind die körperlichen oder die geistigen Funktionen noch ganz oder zum teil vorhanden oder das Lebewesen ist vernichtet.»
Ich hätte gedacht, ein Reh ist zerstört, wenn es getötet ist, und vernichtet, wenn man es ausgenommen und aufgegessen hat. Denn ich sehe schon in dem Begriff der Zerstörung einen irreversiblen Akt. Also ist eine Heilung demnach nicht möglich. Können wir diesen Punkt gegenseitig füreinander verbindlich klären? Oder müssen wir die unterschiedlichen Meinungen dazu stehen lassen?

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