Uri Bülbül

Wo findet Gestaltung statt?
Fast jeder Eingriff des Menschen ist gestalterisch, auch dort, wo Urwälder für Palmöl abgeholzt werden. Gestaltung an sich muss nicht schön, gut und lebensfördernd sein. Auch zerstörung gestaltet, sowie analog auch eine falsche Information eine Information ist. Das Leben allgemein aber gestaltet, auch weit über den menschlichen Wirkungs- und Bewusstseinskreis hinaus. Sonst hätten sich keine Lebensformen herausgebildet. Ich denke hierbei an morphogenetische Felder, Energien und atomare Strukturen, die sich zu Molekülen zusammenschließen und selbst organisieren. Gestaltung zu eng an Vernunft, Planung und Bewusstsein zu knüpfen, erscheint mir verfehlt und zu eng. Denn es ist eine enthropozentristische und rationalistische Selbstüberschätzung des Menschen, von einer Weltvernunft auszugehen, von einer göttlichen Vernunft etc. was dann nur, wenn überhaupt der Mensch halbwegs aufgrund seiner Anteilnahme an der göttlichen Vernunft nachvollziehen kann. Das Leben braucht keine übergeordnete Vernunft, es ist selbstorganisierend - auch in seinen Fehlentwicklungen und destruktiven Elementen. Gestaltung führt konsequent zu Strukturen. Die Moleküle haben nicht nur eine Summenformel, sondern auch eine Strukturformel und von dieser Struktur hängen auch physikalische und chemische Eigenschaften ab. Gestalt im Sinne von Struktur hebt die Dinge und Phänomene aus der amorphen Masse heraus und gibt ihnen eine Essenz.

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Sind wir alle Designer?
Du benutzt Gestaltung und Design synonym, das ich negiere. Gestaltung und Design sind nicht synonym. Das habe ich versucht auszuführen. Design geht den Weg von außen nach Innen und ist kaum mehr als Schminke. Wenn Menschen glauben, sie könnten Jahrmillionen alte Gestaltungsentwicklung genetisch designen und essentiell verändern, ist das eine gnadenlose Hybris und Selbstüberschätzung, was viele, viele Unbekannte nicht berücksichtigt und auch nicht vor deren möglicher Existenz halt macht. Es fehlt dem modernen Menschen der Respekt vor dem Leben und seiner Tiefe und Vielfalt. Wir sind vielleicht Designer, aber nicht Gestalter des Lebens, nicht einmal unseres eigenen Lebens und des Systems, in dem wir leben. Wenn wir die Formulierung "wir alle" auf Individuen beziehen, können wir die Frage im Hinblick auf Gestaltung verneinen.

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Mir ist der Begriff des "Datenbank-Designs" nicht untergekommen. Spontan denke ich, es soll eine Datenbank designt werden. Warum nicht: man kann doch einer von Menschen gesammelten Datenmenge eine Form geben. Aus dieser beschränkten Menge aber kann niemals Lebensgestaltung erwachsen, ebensowenig, wie man Lehmpuppen kein Leben einhauchen kann. Das ist im Mythos nur Gott vorbehalten. Warum du mir diese Fragen stellst, habe ich ja schon zu beantworten versucht, vielleicht noch, dass du berufliche Interessen hast, weil du mit Datenbanken und Computerdesign arbeitest. Aber philosophische Antworten fallen anders aus als berufspraktische.

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Ich habe die Antwort auf diese Frage ein paar Mal im Geiste ausformuliert, ohne sie aufzuschreiben. Doch ohne Text habe ich selbst eine Menge sowohl von deiner Frage als auch von meinen Antworten im Geiste, du aber nichts. Telepathie funktioniert einfach nicht. Sie ist aber nicht das schlechteste Stichwort, um in die Antwort einzusteigen; wenn ich versuchen wollte, meine geistig formulierten Versionen in den hiesigen Text von hinten einfließen zu lassen. “Telepathie” könnte der Ausdruck des Ergebnisses hier in Vorwegnahme sein, und eine Stufe vor der Telepathie wäre Empathie, wenn ich dir beantworten soll, warum du mir diese Fragen stellst. Aber ich gehe mal an den Anfang: Der Kulturtheoretiker Bernd Guggenberger publizierte 1988 “Sein oder Design” mit dem Untertitel: “Zur Dialektik der Abklärung”. Ich las es 25-jährig und fand, dass er selbst schriftstellerisch genau das tat, was er anderen vorwarf: Design statt Sein; ein Zwergenaufstand gegen Adornos “Dialektik der Aufklärung”, was damals schon fast ein halbes Jahrhundert alt war, ohne in der Analyse jemals übertroffen worden zu sein: Die Unterhaltungsindustrie witzigt und verdummt zugleich; das Individuum begreift die Apparate seiner Gesellschaft längst nicht mehr, die es sklavisch bedient, um von ihnen mit Konsumgütern versorgt bzw. vollgestopft zu werden. Der Konsumismus als American Way of Life, der sich schon in der ersten Hälfte des 20. Jhs. ab den 20ern (Golden Twenties) satt entwickelt. Nach 1949 konnte es gut nach Europa und nach Westdeutschland überschwappen. Die kriegstraumatisierte Bevölkerung konnte konsumberauscht politisch betäubt werden. Das betraf die Jahrgänge, die um 1925 geboren wurden. Die Buchdeckelgestaltung dieser Version des Guggenberger-Buches beim Rotbuch Verlag visualisiert diese Phase des Konsumismus auch, wobei Guggenberger aus “Aufklärung” “Abklärung” machte. Das gewitzigte und verdummte Individuum konnte in den 80er Jahren des 20. Jhs. noch vor dem “Mauerfall” als ein dumm-dreister Konsumjunkie beschrieben werden. Aber diese Beschreibung erschöpft die diversen gesellschaftlichen Strömungen keinesfalls. Die Entstehung der GRÜNEN-Partei, die “neuen sozialen Bewegungen” (Anarcho-Szene der Hausbesetzer, die Hauptstädte der Ereignisse und Bewegungen waren Berlin, Hamburg, Freiburg, Zürich, über Zürich hat ein Bekannter von mir, der dort heute noch ein politisches Restaurant besitzt, eine Fotoausstellung “Züri brennt”). Mit dem Sprayer von Zürich begann auch der “Aufstand der Zeichen”, die Graffiti-Kunst begann hoch politisch. In London befand sich der Hotspot der Punk-Szene. Das alles stand keineswegs nur für das gewitzigte und verdummte Individuum. Die Kinder der Jugendlichen bei Kriegsende rebellierten teilweise übersättigt durch Konsum und Wohlstandsorientierung ihrer Eltern gegen das System. Dem “Deutschen Herbst” folgte durchaus ein politischer Frühling mit einem polit-kulturellen bunten Treiben.

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Die Friedensbewegung gegen die Pershing II-Raketen und den NATO-Doppelbeschluss Anfang der 80er nicht zu vergessen. Die Analyse der Phänomene muss unbedingt vertieft werden, sonst tappen wir mit vielem im Dunkeln. Die “neuen sozialen Bewegungen” waren auch weltanschauliche Orientierungsbewegungen. In die Auslaufphase dieses Treibens fällt Guggenbergers Buch. Ob dieses Buch in der Analyse so hilfreich war, kann bezweifelt werden. Google liefert als inhaltliche Beschreibung:

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"Sein oder Design" ist ein Buch gegen die Inflation der Hohlheit und gestylten Standpunktlosigkeit. Seine zentrale These ist, daß wir in einer "Signalkultur" leben, in der das "Sein nicht ohne Sein [sic!] ... und das Dasein nicht ohne Design" auskommt. An die Stelle des Waren-Fetischismus ist ein Design-Fetischismus gerückt.”

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Sollte das die Entwicklungsstufe von den 50ern zu den 80ern sein? Und sollte es im ersten Satz nicht eher heißen: eine Signalkultur, in der das Sein nicht ohne Schein und das Dasein ohne Design auskommt? Denn natürlich kommt das Sein nicht ohne das Sein aus, aber das ist weniger ontologisch als tautologisch, möchte ich meinen; das Sein kommt nicht ohne den Schein aus - das wusste auch ein Gottfried Keller schon 1874 mit seinem “Kleider machen Leute”. Ein Sein ohne die Erscheinung, ein Sein, das nicht phänomenal wird, ist doch irgendwo im Nichts, oder? Guggenberger kann zwar mit Adornos Titel Wortspiele treiben, aber das ist eben auf der Designebene und er selbst ein intellektueller Blender und Aufschneider. Tiefer kommt er nicht in die Systemkritik. Die klassische Sein-Schein-Dialektik wird im 20. Jahrhundert mit den Worten Sein - Design bezeichnet, aber wir sollten es damit nicht abtun.

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Ich plädiere für eine strikte Differenzierung zwischen Gestaltung und Design. Natürlich kann man die beiden Worte auch synonym nehmen, aber da vergibt man sich eine Erkenntnismöglichkeit: Design ist in entgegengesetzter Bewegung zur Gestaltung. Gestaltung ist die Formung der Substanz, die man ja best möglich zur Erscheinung bringen will, damit das Sein sich phänomenal verwirklichen und zu Tage treten kann. Gestaltung ist Arbeit an der Substanz. Design ist ein Spiel mit Formen, was sehr schön sein kann, wenn es nicht plötzlich Anspruch erhebt, Substanzielles ablösen zu können. Dann bewegt sich Design von den Phänomenen Richtung Substanzielles, also gegenläufig zur Gestaltung. Ohne diesen Anspruch als reines Spiel halte ich Design für sehr schön und bin ein Ästhet. Aber ich bin auch in meiner Spiritualität und Realitätsliebe an substanziellen Veränderungen interessiert und denke, die Vielfalt wird dort nicht breiig, wo die Unterschiede erkennbar bleiben bzw. werden.

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Die Moderne hat in ihrer kapitalistischen Entwicklung seit dem frühen 17. Jahrhundert Stück für Stück die Kultur entseelt. Die Idee, dass man eine zweite Natur schaffen könne, griff ja schnell um sich - wieder verweise ich gerne an den Film-Essay von Peter Krieg: “Maschinenträume”.

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Er zeigt sehr eindrucksvoll auf, wie die europäische Moderne sehr früh schon versucht, Walzen gesteuerte Klavier- und Puppenautomaten zu bauen und mit Nadelwalzen zu steuern. Die Techniker möchten Gott gleich Schöpfer sein und eine eigene Natur erschaffen - auch Leben erschaffen ist ihr Ehrgeiz, die Holzpuppen können schon im 17. Jahrhundert mit den Augen klimpern und ihre Fingerchen so bewegen, als würden sie Klavier spielen, während die Töne des Klaviers aufgezogen wie eine Spieluhr erzeugt werden. Der jungen Mary Shelley dämmerte es in ihrer Romantik ja schon, dass auf rein mechanischem Wege kein Leben zu erschaffen sei. Während mit Dampfmaschinen, Verbrennungsmotoren Mobilität und Flugtechnik ihren technisch-evolutionären Weg nehmen, kommt immer mehr auch Elektromagnetismus ins Spiel. Und in Shelleys berühmten Roman wird der aus Leichenteilen zusammengesetzte künstliche Mensch durch den Blitzableiter ins Leben erweckt. Maschinenträume auch da, die Elektrifizierung allein reicht nicht aus. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, insbesondere mit der Entwicklung der Halbleitertechnologie und der Mikrochips erscheint die Digitalität den Traum von der zweiten Schöpfung wahr zu machen: der Mensch wähnt sich in der Lage, Geist, Seele, Intelligenz zu erschaffen. Guggenberger wechselt den Buchumschlag (Design als Make-Up) und schwimmt nun auf der Digitalisierungswelle der Einsen und Nullen.
Ich möchte hier den Bogen an meinen Anfang spannen: seit dem 17. Jahrhundert folgen Wissenschaft und Technik dem Paradigma des Positivismus und der Mechanik. Das ganze Denksystem ist und bleibt im Wesentlichen positivistisch und kausalitäts-rational dem Ursache-Wirkungs-Prinzip verpflichtet. Tatsachen und Ursachen werden fetischisiert, was übrigens Adorno sehr bewusst war und er in der “Dialektik der Aufklärung” anprangerte: wissenschaftliche Gewohnheiten und eingeschliffene Praktiken ("Usancen") würden zur strikten Norm erhoben, von der niemand abzuweichen wage. Schnell wurde man der Spinnerei und des Irreseins bezichtigt. Michel Foucault hat sich in diesem Zusammenhang intensiv mit der disziplinierenden Rolle der Psychiatrie beschäftigt. Immanuel Kant aber möchte schon seinen ausgesuchten geistigen Widersacher in den “Träumen eines Geistersehers” im “Tollhaus” eingesperrt sehen. Wer nicht vernünftig ist, gehört in die Klapse. Davon konnten auch sowjetische Dissidenten ein Liedchen singen. Psychofolter ist die Kehrseite der Medaille der Aufklärung. Was nicht empirisch und statistisch arbeitet und im Wesentlichen auch der Ursache-und-Wirkung-Logik folgt, ist am Rande des Wissenschaftsbetriebs und schon fast am Eingang in die Psychiatrie. Die Diskussionskultur ab 2020 erspare ich mir hier, in meine Betrachtungen einzubeziehen. Das kann jeder selber machen. Wer aber so Forschung und Wissenschaft gleichschaltet, schaltet natürlich zugleich auch die Erforschung und Entwicklung geistig-seelischer Anlagen des Menschen und der Natur aus...

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...das Lesen der Körpersprache der Pferde zum Beispiel, die telepathischen Fähigkeiten, die phänomenal in Erscheinung treten von Katzen und Hunden, Delphinen etc. pp. Das alles wird nur als Spinnerei betrachtet, Radioaktivität aber ist ein harter Fakt. Der ganze Wissenschaftsbetrieb mit samt der Aufklärung hat sich von der essentiellen Gestaltung zum Design bewegt.

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Nun sind wir also nicht bei der Telepathie, sondern bei der Empathie: ich vermute, dass du auf meine Antworten bei der Sinnsuche in deinem Leben und bei deiner Orientierung und Hinterfragung dessen, was deinen Alltag ausmacht, auf meine Antworten wert legst. Du hast mich ab und an auch provoziert, um mir Antworten herauszukitzeln für Fragen, die sich dir stellen oder die du dir stellst und die nicht ganz schmerzfrei sind - vor allem dann, wenn man selbst keine gute Antwort darauf weiß und sich unsicher ist. Da kann es nicht schaden, Uri zu fragen und zu hoffen, dass er antwortet, du wählst aus dem langen Sermon das aus, was dir relevant erscheint und hast zugleich mich dazu bewegt, Dinge zu vertexten, die ich ohne deine Frage nicht vertextet hätte. Die Gedanken sind da, aber sie nehmen ja erst im Schreiben Gestalt an. Durch das Schreiben gestalte ich meine Gedanken. Ich designe sie aber nicht. Das könnte ich aber in weiteren Schritten auch noch in Angriff nehmen.

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Danke für deine Anregung und dein Interesse.

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Ich möchte den Begriff des "Transhumanismus" anders bestimmen, als es technokratisch bestimmt ist: Körper- und Lebensfunktionen "optimieren" und "Leistungsfähigkeit" durch Implantationen und technische Mittel steigern. Herzschrittmacher, bestimmte Elektrodenimplantationen ins Hirn, um Epilepsie auszuschalten oder zu vermindern, sind zwar auch technische Hilfsmittel, aber sie sollen pathologischen organischen Defekten entgegenwirken. Das ist selbst technokratisch mit "Transhumanismus" nicht gemeint. Vielmehr soll Technik in den Körper integriert, einen an sich gesunden Organismus leistungsstärker machen. Dieser Gedanke ist mir zuwider, weil ein Ausdruck menschlicher und technologischer Hybris.

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Der Ausdruck "Transhumanismus" aber erscheint mir an sich interessant, wenn man ihn inhaltlich nur ganz anders füllt. Ich würde gerne darunter die Überwindung der humanistischen Ideologie durch die Optimierung ihrer besten Ideale verstehen wollen. Der Humanismus hat sich als bürgerliche Ideologie der Neuzeit und Moderne bis heute vollständig entlarvt und als phrasenhafte Heuchelei erwiesen. Rund 500 Jahre hohle Sprüche und Absichtserklärungen. Die erste Erklärung der Menschenrechte, die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika, die Abschaffung der Sklaverei und am Ende 2022 Fußballweltmeisterschaft in Katar. Das ist alles, was herausgekommen ist? Von Massenvernichtungen in der Geschichte seit dem ganz zu schweigen! Die historische Bilanz kurzum: erbärmlich! Also können wir den Begriff des Humanismus durchaus transzendieren dürfen und die Metamorphose einleiten mit der Frage nach den Gründen des Totalversagens des Humanismus und der Idee der Humanität. Die Forschung in diesem Sinne kann von mir aus gut und gerne „Transhumanismus“ heißen. Die Überwindung der Ideologisierung der Menschlichkeit. Sie ist auch eine Überwindung des Anthropozentrismus. Der Kern der Sache ist, dass wir uns in evolutionärer Relativität als ein Teil dessen erkennen, was wir gerne ideologisch als „Natur“ von uns abtrennen. Wir bilden uns ein, dass Geist, Denken, Vernunft und manchmal sogar Seele allein uns zukommt und schließen den logischen Gap im unserem selbstdefinitorischen Denken gar nicht erst bemerken, geschweige denn zu schließen versuchen: wenn der Mensch evolutionär entstanden und nicht von Gott erschaffen ist, dann sind Geist, Vernunft, Denken und Sprache ebenfalls Naturprodukte und womöglich gar nicht einzigartig in der Welt. Wir müssten konsequenter Weise aufhören, uns als die Krone der Schöpfung oder aber auch den evolutionären Kulminationspunkt zu betrachten und auch von Anthropozentrismus abrücken. Das wäre die Grundlage einer Neudefinition unseres Verhältnisses zur Ökologie und auch zu uns selbst, was uns auch den Blick freigeben könnte für den Wert des Lebens, dass es nicht übersteigbar ist und sich eigentlich alles dem Leben nachrangig arrangiert. Das Leben ist das höchste Gut und kann keinem Sinn untergeordnet werden.

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JETZT - ENDLICH!!!
Norbert selbst aber warf auch einen Blick, so unauffällig wie er nur konnte und das konnte er wirklich nicht gut, zu Schwester Maya. Mit unbewegter Miene hatte sie Else zugehört und auch jetzt nach der Rede konnte man nicht genau erkennen, wie sie die Chefin und ihre Rede aufgenommen hatte. Else selbst kümmerte das wenig. Sie hatte nach dem Frühstück bis zum Mittagessen eine Besprechung mit Dr. Zodiac und Schwester Maya anberaumt. Sie hatten sich einfach in ihrem Büro einzufinden. Da gab es keine Diskussionen. So wie es momentan aussah, konnte Wolfi ganz gut bei Lara bleiben; Basti und Lara konnten sich ja in der Pflege des Wölfchens abwechseln, später in ein paar Monaten konnte man ja immer noch sehen, was man mit ihm machte, ob er in einen Zoo musste oder einfach auch im Wald um das Sanatorium leben konnte. Else hielt das für durchaus möglich; sie wollte nichts in Gedanken vorweg etwas ausschließen, was real doch möglich sein konnte, auch wenn kaum jemand daran glaubte.

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Alfred Ross und Marianne Annieux hatten sich auf eine lange, gemeinsame und nicht gerade ungefährliche Fahrt begeben. Das war dem sicheren Sicherheitsinstinkt der Inspektorin der Polizei von Libreville, der Hauptstadt Gabuns, zu verdanken, die den Sonderauftrag erhalten hatte, Licht ins Dunkel der mysteriösen Würfelgeschichte mit dem deutschen Polizisten darin zu bringen. Schnell war ihr klargeworden, dass schwer durchschaubare Mächte ihre Finger im Spiel hatten; man wusste gar nicht, ob das staatliche Geheimdienste oder andere Organisationen zum Teil mit verbrecherischen Absichten waren. Wovon Marianne Annieux sich recht schnell überzeugen konnte, war, dass der grobschlächtige, raubeinige Kollege im Grunde ein gutes Herz hatte und selbst nicht genau wusste, was ihn in diese Situation gebracht hatte. Marianne Annieux hatte sich entschieden, erst einmal inoffiziell und unbemerkt Gabun Richtung Kongo zu verlassen und von Kongo aus einen Flug nach Europa zu buchen. Sie war sich noch nicht einmal so sicher, ob es klug war, direkt nach Deutschland zu fliegen. Denn wenn offizielle Stellen ihre Finger im Spiel hatten, konnten sie an der Grenze leicht abgefangen werden und wer weiß, ob man dann nicht für sie und Ross nicht dann einen Betonwürfel nehmen würde. Holland oder Belgien konnten auch Landungsziele sein. Aber darum konnte sie sich noch nicht kümmern. Momentan quälten sie sich mit ihrem Wagen über eine mehr oder weniger „Straße“ zu nennende Strecke mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 40 km/h über Schlaglöcher, Stock und Stein. Entweder näherten sie sich noch oder waren längst schon in einem von kongolesischen Rebellen kontrollierten Gebiet. Die Inspektorin konnte das nicht genau sagen, denn ersten verschoben sich da die Grenzen täglich, zum anderen hatten sie keine Navigation, um selbst nicht geortet zu werden. Sie brauchten einen guten Plan, falls die Rebellen sie aufspürten. Sonst würden sie es nicht einmal bis zum Betonwürfel in Europa schaffen.

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Ich bin kritisch, auch sehr selbstkritisch und leider auch sehr traurig über meine Fehler und Fehlentwicklungen. Meine Tarotkarte diesbezüglich war die Fünf der Kelche. Da steht einer in Trauer versunken und nur den drei umgestürzten Kelchen zugewandt. Hinter ihm aber stehe noch zwei. Die Brücke über den Fluss weit weg; ebenso in der Ferne auf der anderen Flussseite eine Burg. Will der Mann überhaupt dahin? Burg, Fluss, Brücke scheinen in seiner Trauer keine Rolle zu spielen. Einzig die umgestürzten Kelche zählen.

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«Im Tarot symbolisiert die Karte „Fünf Kelche“ Traurigkeit, Ängste, Sorgen und Nöte, schlechte Nachrichten oder ungünstige Entwicklungen. Aber: Die Karte „Fünf Kelche“ ist in ihrer Bedeutung nicht grundsätzlich und nur negativ zu verstehen. Denn sie zeigt ebenso auf, dass es Positives gibt – und ein Ausweg gefunden werden kann.»

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So der Deutungstext.

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Dazu allerdings muss man sich umdrehen, aufschauen und in die Landschaft blicken; man muss sich umsehen, die gebeugte Trauerhaltung aufgeben, sich aufrichten. Allein die Melancholie über vermeintliche Fehler der Vergangenheit ist nicht hilfreich. Auch kann man sich vergegenwärtigen, dass die Fehler womöglich notwendige Entwicklungsstufen und Schritte waren. Wären sie vermieden worden, hätte es keine Entwicklung gegeben. In diesem Sinne gewinnt doch die Wendung «Kopf hoch» eine ganz besondere Bedeutung, oder?

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Einstein möge mich vor dieser Ihrer Vision behüten. Oh, nein, ich träume von ganz anderen Realitäten: unterwegs mit Meister Otto auf der bunten Kuh und nicht in seinem Kanu, um Atlantis zu entdecken. Die Mission steht. Ich bin Smutje und Chronist der Ereignisse, führe Logbuch. Was soll ich als König von Eldorado, meiner Mannschaft aus indigenen Menschen falsche Versprechen machen im Namen des elenden Kolonialismus? Das ist verbrecherisch. Unter Kapitän Otto @druide0815 als guter Zauberer auf der Bunten Kuh aber segle ich von Dannen in Richtung versunkene Städte und lese aus der Akasha-Chronik. Und das Gummihuhn kann mir auch gestohlen bleiben. Ich habe Diego Li bei mir - wir sind und bleiben unzertrennlich.

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«Die Dinge, die hier mitgeteilt werden, sind auch für den Okkultisten, der sie zum ersten Male liest, überraschend - obgleich das Wort nicht ganz zutreffend ist. Deshalb darf er sie nur nach der sorgfältigsten Prüfung mitteilen.
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Der vierten (atlantischen) Wurzelrasse ging die sogenannte
lemurische voran. Innerhalb ihrer Entwicklung vollzogen sich
mit Erde und Mensch Tatsachen von der allergrößten
Bedeutung. Doch soll hier zuerst etwas über den Charakter
dieser Wurzelrasse nach diesen Tatsachen gesagt und dann erst auf die letzteren eingegangen werden. Im großen und ganzen war bei dieser Rasse das Gedächtnis noch nicht ausgebildet. Die Menschen konnten sich zwar Vorstellungen machen von den Dingen und Ereignissen; aber diese Vorstellungen blieben nicht in der Erinnerung haften. Daher hatten sie auch noch keine Sprache im eigentlichen Sinne. Was sie in dieser Beziehung hervorbringen konnten, waren mehr Naturlaute, die ihre Empfindungen, Lust, Freude, Schmerz und so weiter ausdrückten, die aber nicht äußerliche Dinge bezeichneten. -
Aber ihre Vorstellungen hatten eine ganz andere Kraft als die der späteren Menschen. Sie wirkten durch diese Kraft auf ihre Umgebung. Andere Menschen, Tiere, Pflanzen und selbst leblose Gegenstände konnten diese Wirkung empfinden und durch bloße Vorstellungen beeinflusst werden. So konnte der Lemurier seinen Nebenmenschen Mitteilungen machen, ohne dass er eine Sprache nötig gehabt hätte.»

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So steht es, werter Prinz, in meiner Galaxis um den menschlichen Verstand - alles irgendwie versteinert, wenn Sie mich fragen. Aber eine Inquisition halte ich für vollkommen überflüssig.

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Sehen wir uns eigentlich auf der Bunten Kuh? Sind Sie einer der Matrosen? Heuern Sie an! Heuern Sie an!

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Nun ja, Meister Otto, Meister aller Ottos :) Sehr freundlich die Anfrage und verwerflich von mir, dass ich nicht früher geantwortet habe! Eine Expedition nach Atlantis, ja da muss ich dabei sein, möchte aber doch sehr gerne Diego Li mitnehmen. Wir sind unzertrennlich - wir beiden. Einer dickköpfiger als der andere - kein Herr-Hund-Verhältnis; Diego Li ist ein Herdenschutzhund und hat seinen für seine Aufgaben benötigten eigenen Kopf und instinktiven Eigensinn. Aber absolut zuverlässig! Also habe ich beschlossen, als Philosoph von ihm zu lernen und bin Kynosoph geworden.

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Passend als Gegenpol zum Logbuch, was sehr wichtig ist bei solch einer Expedition - jemand muss die Chronik der Ereignisse, Pläne, Erlebnisse festhalten!- als Gegenpol passend ist also das Kümmern um die gute Leiblichkeit. Sie können Personal sparen, wenn Sie Diego Li und mich als Chronisten und Smutje mit an Bord nehmen.

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Aber dass der Ruhm gerecht aufgeteilt wird, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Das wäre eine historische Novität. Das liegt an keinerlei Mißtrauen Ihnen und Ihren ehrenwerten Absichten gegenüber. Nur haben die eigentlichen Akteure, die mit Schweiß und Blut bezahlen, noch nie den Ruhm einkassiert. Die Realität sieht so aus: wir machen uns in gemeinsamer harter und gerecht aufgeteilter Arbeit jeder nach seinen Fähigkeiten, bestem Wissen und Gewissen auf den Weg, durchstehen die Abenteuer - und irgendjemand kassiert den Ruhm.

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So viel Realitätssinn muss sein, selbst auf der Expedition nach Atlantis. Mit einem richtig guten Zauberer könnte der Coup gelingen.

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Auf geht's!

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Viel Rauch um nichts, werter Kollege. Der Ofen glüht schön und erzeugt wenig Ruß und noch weniger Verdruss. Mein Nachbar beschwert sich nicht nur über meinen Ofen, sondern auch über den Hund im eigenen Garten und ich muss nun betonen, es handelt sich nicht um meinen innig geliebten Seelenfteund, sondern um die Hundedame seines Sohnes, was seine Frau zärtlicher liebt als ihren Mann. Mein Seelenfreund hält lieber Abstand, er mag die Hundedame nicht, ignoriert sie konsequent. Sie jault und winselt am Zaun. Ich mag sie ja gut leiden, aber mein Freund geht vor. Und letztens sprang wohl die Hundedame aus dem Auto, über die wenig befahrene Straße der netten Gegend hier und biss und schüttelte die kleine Hündin meines Vermieters. Mein Bester hingegen ist immer sehr freundlich zur ganzen Vermieterfamilie, ohne zu wissen, was Hauseigentum, Schornsteine, Schornsteinfegermeister usw. usf. sind. Das ist bei uns momentan die Lage.

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