Uri Bülbül

Er hatte noch nie etwas von diesem Irrenhaus gehört, wovon sie sprach und was sich auf dem besagten Anwesen befinden sollte. Er wollte nicht mitfahren, weil er noch Schule hatte und auf gar keinen Fall schwänzen durfte. Aber bis zum frühen Nachmittag konnte er ihr sein Moped leihen. «Du darfst nur nicht vergessen zu tanken», hatte er sie ermahnt, weil er schon auf dem Schulweg auf Reserve schalten musste. «Ja, ich muss Stoffel recht geben! Zwei nackte Männer in irgendwelchen Faltbooten – dieses Gedicht war weder schön noch mit Inhalt. Und mit Sozialismus hatte das auch nichts zu tun. Das ist doch wirklich an den Haaren herbei gezogen und dieser Müller kreist nur um sein pseudomaterialistisches Ego.» Mit diesem Beitrag hatte sie Stoffelchen auf jeden Fall nicht enttäuscht, wenn sie natürlich auch sich nun als Blitzableiterin der Kübel zur Verfügung gestellt hatte. «Ah, Luisa, dein pseudointellektuelles Gewäsch konnte ja jetzt nicht ausbleiben, nicht wahr? Mit einem Ohr beteiligst du dich zwar am Unterricht, aber mit deinen anderen Sinnen bist du ganz woanders. Bevor wir diese Diskussion weiter führen, konfisziere ich erst einmal dein Handy.» Und ehe Luisa reagieren konte, war die Deutschlehrerin bei ihr und riss ihr das Smartphone aus der Hand. «Na? Ein Liebeschat über Whatsapp?» fragte sie mit sadistischer Genugtuung. Als sie aber einen Blick auf das Display warf, huschte eine Spur von Irritation über ihr Gesicht. Sie ging zum Lehrerpult und verstaute vorsichtshalber das Telephon in ihrer Tasche. «So und widmen wir uns ganz konzentriert dem Gedicht „Herzkranzgefäß“»
http://youtu.be/8dOh0vdmoM8
«Das ist nicht einmal Abitursstoff. Sie verplämpern unsere Zeit!» protestierte Stoffelchen, aber in der Lehrerin war längst die Bestie erwacht. Jetzt musste Luisa wirklich etwas unternehmen; die Situation drohte aus der Kontrolle zu geraten. «Sowohl Brecht als auch Heiner Müller inszenieren sich selbst, sie stilisieren sich zu Dichtern des deutschen Sozialismus. Und wir Schüler müssen das einfach schlucken. Das ist alles. Aber warum sollen wir das tun, wenn es nicht einmal Abitursstoff ist?» «Erstens ist es Klausurstoff, mein vorlautes Fräulein, zweitens versuchst du nur eine Pseudodiskussion anzuzetteln, und es geht dir überhaupt nicht um Inhalte und Wahrheit und drittens gehört zur jüngsten Geschichte Deutschlands auch die Zeit nach 1945 bis 1989 dazu. Für diese Zeit ist eine der wichtigsten Symbolfiguren in Theater und Literatur Heiner Müller!» Die Sphinx zeigte ihre Kralle, jetzt weißt du, wo die Macht wohnt.

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Ich weiß nicht genau, was du mit "durchging" meinst. Ich habe aber diese Frage nur einmal erhalten, also war es gut, dass du sie "vorsichtshalber nochmal" gestellt hast. Bis zum gewissen Grad würde ich dir recht geben. In Kürze ist keine genaue und ganz feingliedrige und tiefsinnige politische Einschätzung möglich. Aber je mehr Schichten wir in dieser Richtung, die ich meine, frei legen, desto tiefsinniger können wir werden, ohne dass sich an der Richtung etwas ändert. Es wäre wie eine archäologische Ausgrabung. Das bezieht sich aber jetzt auf meine Äußerungen bezüglich der gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Situation. Und nicht auf dein politisches Denken.

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Auch da können wir natürlich ins Detail gehen und ich müsste auch Belege und Zitate anführen und eben diese auch interpretieren. Denn selten spricht ein Zitat einfach nur für sich selbst. Es kommt darauf an, in welchem Kontext es steht und in welchen Kontext es gestellt wird, wenn es eben zum Zitat wird.

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Ich habe das wiedergegeben, wie ich dich verstanden und deine Äußerungen und Postings gedeutet habe. Ich habe auch überhaupt kein Interesse daran, dich in irgendeine Ecke zu drängen, weil ich dich eben wirklich mag. Du erinnerst dich? Ich habe protestiert, als du mich aus deiner FB-Freundesliste entfernt hattest und daraufhin hast du mich wieder eingefügt. Also ist es mir gewiss nicht egal, ob wir Freunde sind oder nicht. Und Freunde werde ich bestimmt nicht absichtlich fehldeuten oder in eine Ecke drängen wollen.

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Das sind alles Scheingefechte einer insgesamt untergehenden Kultur Europas. Mein Problem ist die seit gut über zwei Jahrzehnten anhaltende Durchidiotisierung dieses Landes. Das Schulsystem ist veraltet und marode, die Universitäten angeblich aufgrund der Blogna-Beschlüsse chaotisch und dilettantisch reformiert und dabei viele Fächer kaputt organisiert. Die Einrichtungen parteiennaher Stiftungen zur politischen Bildung aller Interessierten, vor allem aber des politischen Nachwuchses geschlossen oder in ihren Mitteln radikal gekürzt, das Wirtschaftssystem im Neoliberalismus immer mehr der Kontrolle entzogen, Banken räuberischer denn je, Spekulanten ist Tür und Tor geöffnet, Menschen um ihre Ersparnisse betrogen, Aktionäre übers Ohr gehauen, keine Steuergerechtigkeit im Land, auch wenn man so fleißig tut und Steuerhinterzieher scheinbar jagt. In Wirklichkeit aber gibt es so viele ganz legale Steuergeschenke an große Firmen, dass es einem schwindlig von werden kann.

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Arme Menschen werden drangsaliert und wie Sklaven und Tagelöhner mißhandelt oder in Behördengängen erniedrigt - das ist Deutschland 2015 und in all den Jahren zuvor. Bilanzen und Statistiken schönt und fälscht man, um zu verschleiern, wie Marode diese Gesellschaft mit ihrem Staat geworden ist. Guantanamo in der US-Politik, NSU-Affäre in Deutschland, NSA weltweit und der Umgang mit Snowden, Folterbrerichte mit geschwärzten Seiten oder geschrederte Akten in Deutschland - das alles wird so hingenommen, als wäre es das Normalste der Welt und jeder Demokratie so eigen wie eine Reifenpanne alle zehn Jahre mal auf der Autobahn eines Autofahrers. Über all das soll besser nicht gesprochen werden, wenn es doch gegen wirklich kleine Minderheiten gehen kann, die eigentlich Welt- und Gesellschafts- und auch Wirtschaftspolitik nun wirklich nicht ausmachen. Nichtigkeiten kann man aufbauschen, ohne dass es zu größeren Problemen kommt.

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Dann muss man über das Eigentliche nicht sprechen.

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Dann fange ich mal mit den @-Fragezeichen an, mit denen du ja nicht «drängeln willst, aber...» Irgendwie rührt mich das, zumal ich eine doch eine ziemlich persönliche Beziehung zu dir habe. Wir haben den halben Heiligabend auf FB gechattet und früher auch schon mal recht häufig und lang hin und her geschrieben - was will ich damit sagen? Ich mag dich sehr, und ich weiß nicht mal, ob ich an dir nicht auch genau das mag, was mich auch nervt.

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Du hältst dich zu sehr an Fakten auf, die eigentlich auch Deutungen und Interpretationen der Welt sind, die du aber nicht als solche siehst, sondern nur an das Faktische der Fakten glaubst. Dadurch kannst du auch bohrend fragen und zugleich auch Sentimentalität, wozu ich doch so gerne neige, abschmettern. Manchmal bist du wie ein Eisbeutel auf meinem blauen Auge. Und manchmal frage ich mich, ob dieser Eisbeutel nicht braun gefärbt ist. Du hast eine ganze Weile auf FB so seltsame Postings gehabt, was angeblich mit deiner Neugier zu tun hatte, an denen ich doch schwer zu schlucken hatte.

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Was ich an dir am wenigsten mag ist, dass du dich maskierst und nie mit offenem Visier vor mir stehst. Aber ein Visier und eine Maske können ja auch sehr nützliche Mittel des Selbstschutzes sein. Ich lebe nach dem Motto Angriff ist die beste Verteidigung. Du bist da weitaus vorsichtiger. Aber deine Vorsicht macht dich zugleich anfällig für sehr viel Schwachsinn. Die Welt ist aus den Fugen, und sie wird sich so schnell auch nicht wieder ordnen lassen. In Europa nicht und in der Welt erst recht nicht. Und schon gar nicht wird sie sich nach alten Kategorien wie Land, Nation, Inländer, Ausländer, Deutschsein, Fremdsein, Asylantsein usw. ordnen lassen. Die Vorstellung, dass ich meine Wohnung abschließe und gehe und beim Wiederkommen alles so vorfinde, wie ich es verlassen habe, dass kein anderer diese Räume benutzt und Spuren hinterlassen hat, funktioniert nur im wirklich Privaten. So soll es mit deiner Wohnung und am besten auch mit meinem Garten sein. Doch lässt sich dies niemals auf eine ganze Gesellschaft, auf einen Staat oder gar eine Staatengemeinschaft übertragen, auch wenn Europa gerade Stacheldrahtzäune zieht und Menschen vor den Grenzen ersaufen lässt.

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Das kann schon allein deswegen nur Schwachsinn sein, weil Europa mit allen Erdteilen der Welt in Interaktion und Austausch steht; wenn ich mir aus fremden Gärten Gold, Erdöl, Mineralien, Eisen, Kupfer und alles sonst, was ich haben will hole oder gegen wenig Geld eintausche und die Menschen zu Handelspartnern mache, die dort vor Ort willig sind, alles billig herzugeben, weil sie sich auch daran schon persönlich genug bereichern, brauche ich mich doch nicht zu wundern, dass die dort entstehenden Unruhen auch mich in meinem Leben irgendwann beeinträchtigen. Erst recht, wenn ich auch noch die Waffen dazu geliefert habe.

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Vielleicht stehen wir an der Schwelle eines dritten und alles zerstörenden dritten Weltkrieges. Sehr viele Zeichen sprechen dafür, sehr wenig Staatskunst ...

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...spricht dagegen. Was die Welt heute in Paris demonstriert hat, ist ein Mückenschiss gemessen an den Problemen, die sich aufgehäuft haben. Ganz offensichtlich sind aber die Menschen zu dumm, diese Probleme sach- und fachgerecht anzugehen: eine neue und gerechte Wirtschaftsordnung, eine neue Staatengemeinschaft und Friedensordnung, die die Welt global bewohnbar erhält, das alles ist noch nie in so weiter Ferne gewesen wie zur Zeit. Da räsonnierst du ungefähr, ob es ein paar Sozialabzocker unter Einwanderern gibt oder nicht. Wie armselig ist das denn?

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Europa und die USA und auch alle anderen, die nach gigantischer Industrienationsmanier haushalten und sich gebärden, man denke an Indien, China und Russland saugen wie Vampire die Erde aus und hinterlassen nur blinden Konsumismus und Verwüstung. Darüber aber kann man sich nicht mehr aufregen, weil es zu komplex und unbeherrschbar ist - zu sehr unbegreiflich, als dass man es in wenigen Fakten begreifbar machen könnte. Da ist es leichter zu den «großartigen Erkenntnissen» der NPD herüber zu schielen - nur mal so aus Neugier, was die wohl zu sagen haben. Du maskierst dich und setzt dir Scheuklappen auf. Das ist es, was gesagt werden muss, wenn du mich mit deinen @-Zeichen nicht «drängeln willst, aber...»

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Dabei hast du dir einen so großartigen Namen gegeben: WahrheitMachtArbeit. In der Tat ist die Suche nach Wahrheit sehr anstrengend und kostet Mühe. Und ich hätte es nicht besser sagen können als du selbst: «Andererseits ist mittlerweile bewiesen, dass das Immunsystem und die Psyche ihren festen Platz im Organismus haben. Die Seele ist ein Teil des Körpers. Ist sie kaputt, läufst nicht mehr rund. Man kann sie nicht separat behandeln und schon gar nicht ignorieren. Bzw man kann sie ignorieren, aber iwann wird sie bockig und lässt es dich deutlich spüren. Dann muss man ein bisschen hätscheln und tätscheln :)
Mit anderen Worten: man kann sich von vielen ablenken, aber nicht von seinem eigenen Leben!» Aber an dieser Stelle wirst du doch nicht etwa die falsche Konsequenz ziehen und dich auf die faule Haut legen, oder? http://ask.fm/Pizzaboote/answer/123786847102

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«Aber vor einer Woche habe ich ein Paket in seinem Arbeitskeller gefunden. Es war schon geöffnet und darin waren etliche DVDs mit perversesten Filmen. Ich kann sie dir gar nicht beschreiben! So etwas kann niemals erlaubt sein! Es ist widerwärtig. Und dann kamt ihr mir in den Sinn, meine Töchter.

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Teil 64
Meine geliebten Kinder!» «Halt die Schnauze!» entfuhr es Johanna. Dann berappelte sie sich schnell und wurde zu der Kommissarin, zu der sie sich hatte ausbilden lassen: «Wo ist das Paket mit den Filmen jetzt? Und was genau ist darauf zu sehen?» Ihre Mutter brach in Tränen aus, mehr als ein Schluchzen und Schnäuzen war nicht mehr zu hören. Sie brachte kein Wort mehr heraus. «Bitte, Mama, wo ist das Paket jetzt?» Kurz stockte der Weinkrampf: «Mutter»? So hatte Johanna sie lange nicht mehr genannt. Aber dann setzte das Heulen wieder ein, noch kräftiger, noch Herz zerreißender. Johannas Jagdinstinkt war aber nun geweckt. Sie musste unbedingt diese Filme in die Finger bekommen. Das stand für sie fest. Aber ihre Mutter konnte nicht mehr aufhören zu weinen. Wieder drohte Johanna, die Geduld zu verlieren. «Los verdammt! Sag schon! Wo ist das Paket jetzt!» Ihre Mutter aber legte auf. Johanna sprang vor Wut aus dem Bett. «Nein, so nicht! So nicht, Muttchen! Dieses Mal nicht! Das kannst du mit mir nicht machen! Ich werde diesen Schweinehund dieses Mal festnageln!» schrie sie wutentbrannt, während sie immer wieder die Telefontasten zu drücken und ihre Mutter anzurufen versuchte und sich aber vor Aufregung und Wut immer wieder vertippte.

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Die ersten beiden Schulstunden hatte die ehrgeizige Deutschlehrerin Frau Sophie Rosenberg-Kübel Heiner Müller gewidmet und versuchte gemeinsam mit der Klasse ein Gedicht von diesem, wie sie ihn nannte, bedeutendsten deutschen Dramatiker nach Bertolt Brecht, zu interpretieren. Der Klasse war Bertolt Brecht schon egal. Was sollte sie da mit der zweiten Garde nach ihm anfangen können? «Herzkranzgefäß» hieß das Gedicht und es ging darin wohl um das Lebensgefühl des Dichters nach einem Herzinfarkt. «Ich fand dieses eine Gedicht von Brecht schon ziemlich schwul und nun von dem zweiten Mann auf dem Dichterpodest, von diesem Müller, finde ich es einfach jämmerlich», sagte Christoph und sprach damit den meisten in der Klasse aus der Seele. Luisa nannte ihn ihr «Stoffelchen». Sie warfen sich nach dieser Wortmeldung verschwörerische Blicke zu, ein wenig erhoffte sich Christoph Unterstützung von Luisa. Aber sie war nicht bei der Sache gewesen und hatte nur zerstreut aufgesehen, als sie Christophs Stimme gehört hatte. Sie las in der Paradieseologie des Uri Nachtigall und war in Gedanken weit, weit weg von irgendwelchen Herzkranzgefäßen. Aber so ganz tatenlos wollte sie nun auch nicht bleiben und ihr Stoffelchen alleine lassen mit der Rosenberg-Kübel – immerhin hatte er ihr vor der Schule versprochen, ihr sein Moped zu leihen, weil sie unbedingt nach Venusberg zu einem Landschloss oder einer Villa oder etwas ähnlichem fahren wollte.

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Hey Basti, altes Haus! Ich sage mir, wenn sich auch andere mal mit ihrer ihnen eigenen Phantasie- und Wunschwelt oder mit den ihnen eigenen Themen sich an dem kafkASKen Fortsetzungsroman beteiligen würden so wie du das wirklich vorbildlich machst, könnte der Roman ein echter Knaller werden. Aber leider gibt es in unserer Gesellschaft so etwas wie ein geistiges Besitzstanddenken: Das ist meine Idee, das ist meine Phantasie - ich gebe sie nicht her. Selber machen die meisten nichts aus ihren Ideen, sie sitzen wie die Klucken darauf und haben das Gefühl, außer ihnen käme ohnehin niemand auf eine solche vermeintlich geniale Idee.

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Ist natürlich nicht so, die meisten Ideen schwirren durch die Luft wie Sauerstoffmoleküle und werden von allen möglichen Leuten eingeatmet. Was mich an der Gemeinsamkeit an einer solchen Arbeit interessiert, ist ja nicht, dass ich ganz dringend Ideen bräuchte und sonst nicht schreiben könnte. Was mich vielmehr interessiert ist, was schwirrt sonst noch so durch die Köpfe, in die ich doch nie hineinsehen kann. Nun gibt es das Internet und die Möglichkeit, auf Foren zu kommunizieren und anderen zu begegnen - so zum Beispiel wie wir uns begegnet sind, du Käsekeksstern. Ich finde diese Käsekekssterne sollten auch unbedingt in dem Roman vorkommen. Und dann gibt es noch eine Leyla, die auch unbedingt in den Roman will. Sie will die schönste und attraktivste Frau überhaupt sein und alle bezaubern. Die Inkarnation der faszinierendsten Weiblichkeit überhaupt will sie sein - so etwas wie die schönste Frau an sich, wie Aphrodite, die übrigens mit dem Gehbehinderten Gott der Schmiede und Handwerker verheiratet war, mit dem Hephaistos. Und nun fragst du mich bestimmt gleich, was denn eine Inkarnation sei, wie ich dich kenne!

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Inkarnation ist, wenn ein Geist, eine Seele oder eine Idee in einen Körper fährt, einen Körper findet oder von sich aus irgendwie körperlich wird. So kann ja auch die Idee der Schönheit in verschiedener Gestalt sichtbar und körperlich werden. Und die Leyla, die ich meine, träumt davon oder spricht zumindest davon, einmal als eine Inkarnation einer solchen Schönheitsidee wahrgenommen zu werden. Wo soll ich diese Frau nur auftauchen lassen? Vielleicht im Polizeipräsidium? Ach das gefällt mir gar nicht. Vielleicht in der Psycho-Villa? Auch diese Idee begeistert mich nicht wirklich. Am liebsten würde ich sie in das Cascando-Theater stecken, wo die Inkarnation der Idee der Schönheit zu einem Theater wird. Aber merkst du was? Ich arbeite schon an der Figur, die von deinem Dino gefressen werden könnte ;)

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Warum sollte ich einem Dienst vertrauen, der sich meinem Blick und meiner Kenntnis entziehen und im Verborgenen agieren will. Es ist nicht mein Geheimdienst. Die Frage müsste eher sein, kann sich die Regierungschefin auf IHREN Geheimdienst verlassen? Aber dieses naive Bündelchen aus Weltfremdheit und von Kohl und ihrem eigenen Willen erzeugten Machtgeilheit ohne staatsphilosophischen Sinn und politischen Verstand erzählt in aller Offenheit, dass befreundete Staaten einander nicht ausspionieren, als würde sie ihrem Ehemann vorwerfen, ihre Tagebücher heimlich gelesen zu haben. Allein diese pseudomoralische Haltung ist empörend dämlich. Ebenso wie sie als promovierte Physikerin erst nach Fukushima entdeckte, wie gefährlich Atomkraftwerke sein können.

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Aber ich bin mir sicher, sie kann dir genau erklären, was Polynome sind. Es gibt ernsthafte Gründe am Verstand zu zweifeln.

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Ich bin auch entsetzt und empört und wütend über unser Bildungssystem, aber nicht, weil Menschen in diesem System etwas nicht wissen, was anderen unbedingt für wissenswert erscheint. Auch dann sehe ich das ein bißchen anders als du, wenn jemand aus dem selben Fachgebiet stammt. Bei Mathematik und Naturwissenschaften ist es übrigens nur scheinbar, denn die Mathematik ist keine Naturwissenschaft, sondern eine Geisteswissenschaft, die eine optimal formalisierte Sprache zur Beschreibung von Naturphänomenen liefert. So kann man am besten komplexe und weniger komplexe Verhältnisse physikalischer oder anderer Art mathematisch darstellen.

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Es gibt Symbole, Zeichen Formeln Terme, Ausdrücke etc.pp und auch graphische Darstellungen die unseren Geist mit Phänomenen der objektiven Welt kompatibel machen und neue Objektivitäten hervorbringen.

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Ich habe die Stimme meines Mathelehrers noch im Ohr und in mir das Gefühl, hoffentlich lässt er mich in Ruhe, wenn er von Polynomen und Polynomdivision und ähnlichem Sprach und ich Gedichte auf die Tischplatte schrieb.

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Ich bin vielleicht auch so zu schlau für diese Welt; aber eher ist es so, dass viele andere Menschen eher viel zu dumm dafür sind. Es ist bei vielen eher so, als ob ein Hund Auto fährt und ich mich wundere, dass es noch nicht gekracht hat. Aber dann stelle ich auch immer wieder fest - und das irritiert mich selbst immer wieder, dass es wunderbares Spezialwissen gibt und Menschen, die zu dumm für "diese Welt" erscheinen und bei vielem sehr unbeholfen wirken, sich kleine Nischen eingerichtet haben, in denen sie sich gut auskennen und mit sagenhaftem Überlebenswillen zurecht finden. Man muss den Menschen genau diese Nischen lassen - sonst bekommen alle Probleme. Und das nenne ich den Bulldozer-Effekt: Menschen, die im Urwald leben und das für die ganze Welt halten, stehen plötzlich vor dem Bulldozer einer Abholzungsfirma mit ihren Arbeitern. Was für ein Schock! Und irgendwo ahnen Menschen diesen Schock im voraus und haben eine unbestimmte und unbegreifbare Angst davor. Kein richtiger Bulldozereffekt ist dies für mich: http://youtu.be/oQeiYp_SN2E :)

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Ja, in der Tat, ich finde das Sprichwort sehr zutreffend, weil ich es strategisch interpretiere. Der Klügere geht nicht mit dem Kopf durch die Wand; erkennt: Ah, das ist eine Wand und nimmt die Tür. Der Wand gegenüber hat der Klügere nachgegeben, aber ihr nicht die Herrschaft über sich überlassen und sich nicht zu einem Gefangenen gemacht.

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Man sucht sich nicht die tiefste Stelle aus, sagt Brecht, wenn man einen Fluss überqueren will; also auch nicht die Ausweglosigkeit, um sein Ziel zu erreichen.

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Aber es gibt ja auch den berühmten Witz über diesen völlig zu unrecht hochstilisierten elefantösen Altkanzler: Kohl lehnt sich an eine Wand und diese bricht zusammen. Warum? Der klügere gibt nach. Mit dieser Masche glaubt er, die Mauer eingerissen zu haben: aber er war es nicht! Es waren die Menschen in der DDR und die glückliche Fügung der Geschichte in der Sowjetunion.

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Mit "diese Ordnung" ist die freiheitlich demokratische Grundordnung gemeint und diese wiederum gilt als das Fundament der Demokratie. Sie wird auch etwas näher spezifiziert wie zum Beispiel durch die Nennung der Gewaltenteilung im Staat und des Schutzes der Persönlichkeitsrechte. Das Widerstandsrecht gilt nur, wenn diese Grundordnung gefährdet ist und eben «andere Abhilfe» nicht möglich ist. Hier geht es um das höchste politische Gut und um nichts Geringeres als das. Nur wenn dieses Gut in Gefahr gerät und man nichts anderes mehr dagegen machen kann, gibt es ein Recht auf Widerstand. Es ist ein Widerstand, der verfassungsmäßig erlaubt ist, auch wenn andere Gesetze es verbieten. Wenn zum Beispiel per Gesetz die Gewaltenteilung aufgehoben und die Rechtsprechung der Politik untergeordnet wird und dann Gesetze verabschiedet werden, die bestimmte Dinge verbieten, die nach Widerstand aussehen könnten, darf auf Grund des Grundgesetzes gegen diese Gesetze gehandelt werden.

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Würde man dieses Recht in eine Pflicht umwandeln, würde ja wieder etwas über diesem Recht stehen und eben verpflichten, dann aber wäre auch das höchste Gut kein höchstes Gut, sondern bestenfalls das zweithöchste. Also kann dieses Recht in keine Pflicht umgewandelt werden, genauso wenig, wie man jemanden dazu verpflichten kann, Leib und Leben durch Notwehr zu verteidigen.

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Wer aber in allem möglichen schon eine Gefahr an Leib und Leben sieht und zur Notwehr greift, handelt einfach überzogen und paranoid. Ich bin strikt dagegen, aus dem Recht eine Pflicht zu machen, weil mir die freiheitlich demokratische Grundordnung elementar wichtig und das höchste Gut der Politik ist. Dabei ist mir bewusst, dass Atommülllager, Militäreinsätze, Neoliberalismus in der Wirtschaft, Kapitalismus und Spekulation, Umweltzerstörung und Anzettelung von Kriegen, Waffenexporte zutiefst inhuman sind und tatsächlich die Demokratie ernsthaft gefährden. Dennoch ist die Idee des Grundgesetzes direkt davon nicht betroffen, also gibt es im Moment auch bestimmt keinen Anlass zum Recht auf Widerstand im obigen Sinne. Aber gegen alles aufgezählte kann man protestieren und meiner Meinung nach auch bestimmte Formen des zivilen Ungehorsams anwenden, was manchmal als Landfriedensbruch geahndet wird, und dennoch getan werden kann und sollte, ohne dass man es gleich mit dem Pathos des Widerstandrechts auflädt. Die Demokratie muss bestimmte Protestformen aushalten, ohne diese zu kriminalisieren; wenn zum Beispiel Menschen sich an Eisenbahnschienen festketten, um gegen Atommülltransporte Widerstand zu leisten. Schließlich wird der Landfrieden auch durch diejenigen gefährdet, die diese Transporte durchführen. Die Entscheidung über die Bewertung und Schwere der Tat obliegt aber den Gerichten und daran sollte man auch ruhig durch alle Instanzen hindurch festhalten. Einzelne vermeintliche Fehlurteile von Gerichten, die einem politisch nicht gefallen, machen noch keinen Unrechtsstaat aus. Das gehört auch zur Demokratie.

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