Seit dem 13. Juni 2023 Funkstille bei SOKRATES. Die Charaktere allein gelassen, von ihrem Autor verlassen, warten sie in Starre auf ihre Erlösung. Erlösung aber kann ich ihnen nicht versprechen, der ich mich in kulturphilosophischen Gedankenstrichen verloren habe. Eine Folge 565 aber schon!
«Kein Gott, kein König, kein Vaterland!», dachte der Theaterphilosoph, als er Hölderlins Zeilen las: «Es ist auch gut, und sogar die erste Bedingung alles Lebens und aller Organisation, daß keine Kraft monarchisch ist im Himmel und auf Erden. Die absolute Monarchie hebt sich überall selbst auf, denn sie ist objectlos; es hat auch im strengen Sinne niemals eine gegeben.» «Die „absolute Monarchie“ hebt sich in der „Objectlosigkeit“ auf – was für ein elegant dialektischer Gedanke! Aber was ist nun das Gegenteil, lieber Hölderlin, von „absoluter Monarchie“?», fragte er sich im inneren Dialog mit dem schwäbischen Dichter und erschrak zugleich über sich selbst mit der Frage: warum denke ich an Hölderlin? Der Theaterphilosoph! Was wissen wir über ihn? Was weiß er über sich? Wir können sagen, er sei der Avatar des Autors in diesem literarischen Spiel namens SOKRATES. Ein Roman mit Folgen, ein Serienroman in einer scheinbaren Endlosigkeit eines Lebens, wie jedes Leben endlos scheint und doch der Tod dem Ganzen ein Ende bereitet. Übrig bleibt ein Nachlass auf Papier, auf Festplatten und Datenträgern, zurück bleibt eine auszuräumende Wohnung, Müll, schmutzige Wäsche, ein unsortierter Kleiderschrank, in der Küche Reste von Einkäufen und ein paar Dinge, die zu Ende verwaltet werden müssen, bevor das Individuum in seiner Auflösung nach dem Haushalt dem Vergessen anheim gegeben werden kann. Der Lauf der Dinge. Und hier das Zeugnis eines Bemühens, sich dem entgegenzustellen, Widerstand zu leisten und existenziell sich aufzubäumen. Oder einfach nur ein Versuch in einem Vakuum zu überleben. Ein Hilferuf wird das nicht mehr. Die Hoffnung auf den Sieg gegen die Ignoranz, die Hoffnung auf Akzeptanz, Kommunikation und Entfaltung eines Künstlerlebens in einem Theater als Literat und Philosoph, als Experimentator im Engagement und voller Elan ist dahingefahren. Verflogen wie Spiritus im Wind. Leicht entflammbar und plötzlich in Nichts aufgelöst. Funkenlos. Da schrieb schon vor einiger Zeit jemand die Frage in Anonymität des Sozialen Netzwerks, das niemanden auffangen kann, sondern einfach stehen lässt tot oder lebendig: «Was ist ein Theaterphilosoph ohne Theater?» Und die Antwort müsste wahrscheinlich ehrlichkeitshalber lauten: Nichts! Menschen zwischen Establishment und Wagnis, Abenteuer, Revolution, Idealismus und Desillusionierung. Geist, Seele, Sehnsucht, Körper, etwas später oder auch früher, jedenfalls früher oder später: Trauer. Denke ich in Gedanken einer Zeit, in die ich mich nicht einmal gedanklich zurückversetzen kann? In Gedanken von einer Klasse von Menschen unter Zwängen, die ich nicht einmal im Leisesten erahnen kann? Was hat deren Geist gespenstisch bis in meine Zeit in mich hineingetragen? Warum bin ich ich und bin doch ein anderer mit Sympathien für „Klassiker“. Ich habe mich verloren und nehme die Zeilen eines Heidegger wahr: «In gleicher Weise seiend wie die nächste Bergkuppe ist der Mond… Seiend ist das Gemenge und Gedränge der Menschen...