Lieber Uri, welcher geschichtlich wichtigen Figur bist du am Ähnlichsten und was macht dich zu dieser Person?
Ich liebe Außenseiter, hochintelligente, bedeutungslose Gestalten, denen die Gesellschaft so blöd ist, dass sie nicht die geringste Lust haben, darin wichtig zu werden. Ein Diogenes von Sinope, der Zyniker. Ihm folgend habe ich meinen Begriff der Kynosophie entdeckt. Ich liebe Hölderlin, der sich konsequent weigert, dem Wunsch seiner Mutter folgend die sichere Existenz eines württembergischen Pfaffen anzunehmen, experimentelle Texte schreibt, revolutionäre Gedanken hat, sich als Hauslehrer bei einem Frankfurter Bankier verdingt und die Frau des Hauses zur Geliebten bekommt. Aber bitte, für Geschichtsschreiber waren Typen wie Goethe, Napoleon, Hitler wichtig, weder Diogenes noch Hölderlin. Was also ist eine "geschichtlich wichtige" Figur? Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg oder Ulrike Meinhof? Wenn schon, dann wäre das eher mein Lager, Georg Büchner oder Erich Fried! Kein Brecht, diese etablierte Lusche! Und dann wird er in den Buckower Elegien weinerlich. Etabliert war eein weiterer auch, aber immer schön mit Geist und Verstand: Gotthold Ephraim Lessing! Ich wünschte, ich wäre so cool wie er. Aber diese Leute sind nicht geschichtlich wichtig, sondern geistig! Und dann ist mir letztens noch eine Tussi über den Rechercheweg gelaufen, eine Karrieristin aus dem SPD-Adel, hat den Begriff des "Framing" entwickelt: Elisabeth Wehling. Nicht für zehnhochzehn Millionen Euro möchte ich die geringste Ähnlichkeit mit dieser Peinlichkeit. Vielleicht noch übertroffen von Bärbock oder wie sie heißt! Ekel, schal und flach ist mir diese Welt, wie Hamlet es sagte. Nun hat es Hamlet nicht einmal wirklich gegeben, geschweige denn, dass er geschichtlich wichtig gewesen wäre. Aber ihm möchte ich auch nicht ähnlich sein, obwohl er einige Aufmerksamkeit verdient und von mir bekommen hat. "Geschichtlich wichtig" ist das Problem deiner Frage! "Geschichtlich wichtig" ist der Abschaum der geistigen Bedeutsamkeit. Dann kommt noch hinzu, dass eine wie auch immer wichtige Figur bei aller Biographie und bei allen Einflüssen am ehesten sich selbst ähnelt. Aber mir fehlt die rebellische Energie eines Friedrich Hölderlin, dafür hat mir der Kosmos die Liebe eines großherzigen Herdenschutzhundes geschenkt, die ich gegen nichts in der Welt tauschen würde. Der Mut einer Ulrike Meinhof, das literarische Genie eines Georg Büchners, die große Melancholie eines Hamlet - von allem habe ich zu wenig, kann darüber lächeln, weil ich meinen Freund habe. Er hat nämlich allen anderen gefehlt... na ja, bis auf Adolf, er hatte Blondi, wenn das nun die Ähnlichkeit zu einer geschichtlich wichtigen Person ausmachen soll, dann Prost Mahlzeit!